http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_24_1911/0111
DIE AUSSTELLUNG MUHAMMEDANISCHER KUNST IN MÜNCHEN
UND DAS MODERNE KUNSTGEWERBE
ielen ist die Ausstellung muham-
medanischer Kunst in München
eine bittere Enttäuschung gewesen
. Man hatte sich gar zu sehr
auf etwas „echt Orientalisches"
gefreut. Orientalische Kunst ist
für viele'eine Mischung von Tschibuk, schwülen
Parfüms, Bauchtanz, klirrendem Goldmünzenschmuck
, halb verhüllenden Schleiern, dicken
Draperien, schwellenden weiblichen Formen und
schwellenden Teppichen, in deren Falten etwa
noch ein unleserliches Manuskript mit unsagbar
obszönen Miniaturen liegen geblieben ist:
ein Salat von Erinnerungen an die Fremdenviertel
der Orientstädte, untermischt mit Erinnerungen
an Paris und Budapest, gewürzt mit
etwas Romantik aus den Zeiten von Freiligrath
und Victor Hugo und angerührt mit den sexualästhetischen
Bedürfnissen des „modernen Kulturmenschen
". Für alle solche Begehren bietet
die Münchener Ausstellung nichts.
Eine weitere Enttäuschung war die „Teppichausstellung
" für viele Teppichsammler. Es gibt
einen Typus von Teppichsammler, welcher unter
alten Teppichen die Gebetsteppiche aus Kleinasien
vom 18. Jahrhundert und die verschiedenen
persischen und kaukasischen Erzeugnisse
derselben Zeit versteht. Diese Teppichkunst,
die gewiß noch viel des Schönen besonders in
der Farbe bietet, ist auf der Münchener Ausstellung
so gut wie gar nicht vertreten. Man
hat der Ausstellung vorgeworfen, daß sie dem
„malerisch Schönen" nicht genügend entgegengekommen
sei. Auch diese Lücke ist auf der
BRUNO PAUL-BERLIN B KAMINPARTIE EINES SALONS; IN KAUKASISCHEM NUSZBAUMHOLZ AUSGEFÜHRT VON
DEN VEREINIGTEN WERKSTÄTTEN FÜR KUNST IM HANDWERK A.-G., BREMEN
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