Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 24. Band.1911
Seite: 98
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LEO PUTZ-MÜNCHEN

SUPRAPORTE

Im Frühjahre 1909 wiederholte der Präsident
des Herbstsalons in einem Briefe an die
„Münchner Vereinigung für angewandte Kunst"
die Einladung an die Münchner Künstler, in
Paris auszustellen. Er schlug hiefür den Herbst
1910 vor und erklärte zugleich, daß die Gesellschaft
des Herbstsalons in gastfreundlicher
Weise den Münchner Künstlern einen Teil
ihrer Ausstellungsräume abtreten wolle. Dabei
betonte er, wieviel seinen Freunden daran gelegen
sei, daß die Ausstellung ähnlich wie „ München
1908" ganze Räume zeige, und wie sehr sie
es begrüßen würden, wenn die Gewerbeschulen
Münchens und das Künstlertheater durch diese
Ausstellung in Paris bekannt werden würden.

Die Münchner Künstler waren sich von Anfang
an darüber klar, daß eine Ausstellung
modernen Kunstgewerbes in Paris mit ganz
besonderen Schwierigkeiten zu rechnen habe.
In Paris wie in ganz Frankreich herrschen
die alten Stile noch beinahe uneingeschränkt.
Zweifellos bedeutete das Festhalten an überlieferten
Formen in mancher Hinsicht einen
großen Segen für Paris: die Pariser Stadtteile,
die Ende der achtziger und in den neunziger
Jahren entstanden, zeigen noch durchaus das
typische Wohnhaus, wie es in prächtiger Einfachheit
durch das ganze Jahrhundert gebaut wurde.
Ein Haus schließt sich an das andere an, fast
als sei es nach den Plänen des gleichen Architekten
gebaut, mit ruhigen vornehmen Fensterfronten
, deren horizontale Gliederung durch
fortlaufende dunkle Balkongitter aus Schmiedeeisen
betont wird, und nur in der leichten
Variierung des Portals unterscheidet sich das
eine Haus wesentlich von dem andern. Von
all der rücksichtslosen Baumeistereitelkeit und
dem ziellosen Wetteifer, der die neuen Stadtteile
deutscher Städte mit aufdringlichen Fassaden
verunstaltete, war zur gleichen Zeit in
Paris noch nichts zu fühlen. Auch die Grundrisse
der Wohnungen blieben sich in der Hauptsache
gleich, und zwar durchschnittlich die
Räume halb so groß, als wir sie bei unseren
neueren Miethäusern zu finden gewohnt sind.
Es ist wichtig, auf diesen Umstand hier hinzuweisen
, denn er erklärt teilweise die Verwunderung
der Franzosen und das Unbehagen,
das sie anfangs gegenüber unseren breiten
Tischen, unseren großen bequemen Armstühlen,
überhaupt gegenüber der Größe und Schwere
unserer Möbelstücke empfanden. Auch muß
daran erinnert werden, daß für den Pariser die
Wohnung im allgemeinen nicht die Bedeutung
hat, die sie für uns besitzt: in dem reichen sonnigen
Land mit Lebensformen von sehr romanischer
Färbung ist die Zeit des Aufenthaltes innerhalb
der eigenen Wohnräume viel kürzer bemessen
als bei uns. Und schließlich, was vielleicht
das Entscheidende ist: die Fragen der
Städteerweiterung und der Wohnungsausstattung
, die letzten Endes ihren Einfluß auf jeden
Zweig der gewerblichen Produktion geltend
machen, sind bei uns brennend, weil Jahr für
Jahr mehr als 900(100 Menschen zu unserer
Bevölkerung neu hinzutreten und heute schon

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