Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 24. Band.1911
Seite: 528
(PDF, 166 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_24_1911/0613
gegen die an den Platzrändern entlang zu
führenden Straßen sorgen, in Form einer
Hecke oder eines nach innen offenen Laubengangs
, je nachdem es die Größe des Platzes
fordert, den nicht zu belasten eine Hauptbedingung
sein wird. Sträucher und Gebüsch
sind, soweit man diese formlosen Dinge überhaupt
zuläßt, an die Peripherie des Platzes zu
setzen, damit der Innenraum frei bleibt und
als Fläche in klaren Gegensatz tritt zu dem
aufsteigenden grünen Rahmen und zu der
weiteren Umschließung der Hauswände. Für
eine größere Innenfläche wird man eine Akzentuierung
verlangen: bei quadratischer Form
eine zentrale Betonung, entweder durch symmetrisch
gruppierte Bäume, die nicht wie das
Buschwerk die Fläche zerreißen, oder durch
einen Springbrunnen, ein Denkmal in der
Platzmitte, bei oblongem Format korrespondierende
Akzente nahe den Schmalseiten, so
daß die gestreckte Figur zum Ausdruck kommt.
Daß bei einem gleichmäßig umschlossenen
und symmetrisch aufgeteilten Platz das Denkmal
in der Mitte stehen muß und nicht wie
auf den wesensverschiedenen mittelalterlichen
und allen unregelmäßig „gewachsenen" Plätzen
an eine Gebäudeecke herangeschoben wird,
ist eine Ueberlegung, die unserer Zeit mit
ihrem unsicheren Stilgefühl noch nicht in
Fleisch und Blut übergegangen ist.

Ein beliebtes Mittel, die räumliche Geschlossenheit
zu erhöhen, ist die Vertiefung der
mittleren Fläche, die Herstellung eines sogenannten
versenkten Gartens. Doch gehört
eine gewisse Größe des Platzes dazu, um
nicht spielerisch zu wirken. Auch dann darf
die Vertiefung nicht allzu groß sein, weil bei
der verhältnismäßig geringen Entfernung der
Zinshäuser deren Höhe leicht unbehaglich

gesteigert erscheint. Der Olivaer Platz in
Wilmersdorf, der eine im ganzen geglückte
Lösung eines Schmuckplatzes zeigt, verzichtet
in dem versenkten Teil auf jeden Weg.
Dadurch kommt, zumal in den blütelosen
Monaten, leicht der Eindruck eines ausgetrockneten
Bassins zustande. Die klassischen Vorbilder
für den versenkten Garten, wie sie namentlich
in England und Frankreich seit der
Renaissance vorkommen, vermieden dies, indem
sie am Rand der versenkten Fläche
einen Weg zogen, der mehr für das Auge des
auf dem obern Umgang Schreitenden als für
die tatsächliche Benutzung gedacht war.

Die Führung der Hauptwege auf den
Schmuckplätzen braucht, im Gegensatz zu
Plätzen in Verkehrszentren, auf eine rasche
Uebergangsmöglichkeit keine Rücksicht zu
nehmen. Daß eine Fahrstraße den Platz
nicht entzwei schneiden darf, ist selbstverständlich
. Aber auch der geschäftlichen Eile
des Fußgängers soll hier nicht gedient werden,
sondern dem Verlangen nach heiterer Ruhe.
Und wie kann das besser befriedigt werden
als durch eine klare maßvolle Gliederung des
Platzes in achitektonischem Sinne, durch die
Herbeiführung einer räumlichen Wirkung mit
dem Material der Gartenkunst!

Vor kurzem kamen bei einem Wettbewerb
um die Ausschmückung des Rüdesheimer
Platzes in Wilmersdorf einige gute Lösungen
zutage. Solange es aber noch Preisbewerber
gibt, die den Rheinstrom von Bingen bis Mainz
— naturgetreu en miniature — mit den dazu
gehörigen Weinbergen und Ruinen auf jenem
Platz darstellen wollen, kann von einem gefestigten
Allgemeingefühl in künstlerischen
Dingen noch nicht die Rede sein.

August Grisebach

Herausgeber: H. BRUCKMANN. Für die Redaktion verantwortlich: L. DEUBNER. Druck und Verlag: F. BRUCKMANN A.-G.,

alle in München.


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