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F.SEECK, MESSINGLAMPE
FÜR GAS UND KERZEN
AUSFÜHRUNG: RICH.
L. F. SCHULZ, BERLIN
WOHNRÄUME VON FRANZ SEECK-BERLIN
Es ist dem modernen Kunstgewerbe lange
Zeit mit Recht vorgeworfen worden, seine
Erzeugnisse seien Ausstellungsprodukte. Die
Wirkung der Möbel zum Beispiel sei abhängig
von dem Rahmen, der mit Raffinement und
erklügelter Absichtlichkeit um das Ensemble
gelegt sei, und mit diesem Rahmen stehe und
falle der Gesamteindruck. Und es ist in der
Tat etwas Wahres darin, wenn man gesagt
hat, daß die Fähigkeit des Möbelzeichners,
räumlich zu denken, wahrhaft erst erprobt
werden könne, wo er seinen Entwurf gegebenen
Raumabmessungen anzupassen und sich
einem bestehenden tektonischen Gefüge einzugliedern
habe. Eine solche Aufgabe war von
dem Architekten der hier abgebildeten Wohnräume
, Professor Franz Seeck in Berlin, zu
lösen. Es handelte sich um die Neueinrichtung
der Wohnräume eines älteren Hauses, und
es galt, unter Beibehaltung der bestehenden
Raumgliederung dem neuen Meublement mit
einfachen Mitteln und ohne durchgreifende
Veränderungen der gegebenen kubischen Proportionen
eine wirkungsvolle Folie zu schaffen.
Der Architekt hat sich darauf beschränkt,
durch Einfügung einer Gipswand in der Diele
die offene Treppenwange zu schließen, die
häßliche Untersicht des Laufes zu verdecken,
und er hat damit den Anlauf der Treppe in
sehr geschickter Weise zu einem künstlerischen
Motiv des kleinen Dielenraumes ausgebildet.
Er hat eine gemütliche, im Rücken gedeckte
Sitzgelegenheit an der Wand der Treppenwange
geschaffen und so die Diele, die vorher
nichts als ein unfreundliches, zu längerem
Verweilen wenig einladendes Treppenhaus war,
zu einem bewohnbaren Raum gemacht, der,
wie der Besitzer selbst sagt, jetzt der bevorzugte
Aufenthaltsort des Hauses geworden ist.
Eine Wandbespannung in blumig gemustertem
Stoff, eine schlicht glatte Stuckdecke, ein einfaches
, weiß gestrichenes Treppengeländer mit
schwarzer Handleiste bilden die sparsame Dekoration
dieses Raumes, zu dessen Meublie-
rung außer der neuen hochlehnigen Sitzbank
nur alte Möbel, ehrwürdige Stücke der Empire
- und Biedermeierzeit, verwendet wurden.
Das Speisezimmer hat eine strenge Wand und
Deckenteilung erhalten. Die Wände sind durch
glatten Anstrich und schmale Leisten in rahmende
Felder aufgeteilt, in die sich die einzelnen Möbelstücke
eingliedern. Mit der dunkelschwarzen
Beize der Eichenmöbel bildet der buntfarbige
englische Kretonne der Vorhänge und Sesselbezüge
, sowie das grüne Leder der Stühle und
das schwarz-grün gefelderte Linoleummuster
eine lebendige, an starken Kontrasten reiche
Farbenharmonie. Ein großer Beleuchtungskörper
mit Holzperlen und reichem Prismengehänge
, dessen Radius für den Raum wohl etwas
zu groß bemessen wurde, ist zentral über dem
Eßtisch aufgehängt. Der Salon in Mahagoniholz
mit rosafarbenen Bezügen ist bereits vor
mehreren Jahren entstanden. w. c. b.
Dekorative Kunst. XIV. 12. September 1911.
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