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Li dem festlichenTage,derSie auf
ein halbes Jahrhundert ruhmvoller
Arbeit und Lehre zurückblicken
läßt,bringen wir Ihnen
unsere herzlichsten Glückwünsche dar.
Als Sie vor genau einem Vierteljahrhundert
unter die Zahl unserer Mitglieder traten,
w aren Sie längst Linser wissenschaftlicher
Führer. Sie waren es fast vom ersten Tage
Ihrer Laufbahn an. da Sie als Jüngling mit
starken Schritten auf der bahn, die Ritsch!
Ihnen gew iesen hatte, vorwärtsdrangen.
Ihre Jugendarbeiten sind heute so frisch
Lind wirksam wie am ersten Tage.
in Meister der Sprache, dem all
ihre Zeiten und Sphären vertraut
sind,ein Kritiker,dem sieh w< >hl
keiner seines Zeitalters verglei-
chen darf, sei es als Treffer des Verlorenen
oderalsBeurteilerdesErhaltenen,ein Interpret
, der das f eine fühlt, Ulis Dunkle sieht,
das Verschlungene lost, so haben Sie die
Grundmauern der Wissenschaft befestigt.
Sie haben durch die auf dem Gebiet der
Einzelsprache so energisch durchgeführte
Forschung ein .Muster gegeben, das auf die
allgemeine Sprachwissenschaft von eindringender
Wirkung gew esen ist. <$<*^3|3
ie haben so früh die höchsten
Ehren der Faktütat erreicht,daß
das halbe Jahrhundert vorüber
und derWinterdes Lebens noch
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nieht gekommen ist. Möge er freundlich
kommen Lind Ihnen warmen Sonnensehein
über den Weg und durchs Fenster w erfen.
HUGO STEINER-PRAG, LEIPZIG
ADRESSE IN FARBIGEM BUNTDRUCK
Ausgeführt in der Reichsdruckerei Berlin; Größe 46 X 66 cm
Tempelchen, lauschige Bänke, umsponnene
Lauben und anderes mehr. Schon früh hat
diese Welt seiner künstlerischen Phantasie in
einer Folge von landschaftlichen Originallithographien
in verblaßten, die Dinge verschleiernden
Farben einen Niederschlag gefunden. Ihre
allmähliche Entwicklung zu immer reiferen
Lösungen läßt sich gut in der langen Reihe
von Exlibris verfolgen, die Steiner teils in
Federzeichnung, teils in farbiger Lithographie
geschaffen hat. Emblematische Hinweise auf
die Persönlichkeiten treten dabei in den Hintergrund
, die kleinen reizvollen Blättchen bleiben
so charakteristische Dokumente der Phantasiekunst
Steiners.
Die Treffsicherheit in der Wirkung aller
seiner Arbeiten entspringt seiner angeborenen
Begabung für das Dekorativ-Ornamentale. Die
Fähigkeit zum Stilisieren, zum Umbilden und
Erhöhen des Natureindrucks ist ja überhaupt
das Grunderfordernis für die Kunst des Illustrators
, sie bedingt den persönlichen Stil, und
Steiner hat einen durchaus persönlichen Stil,
dessen Ausdrucksmöglichkeiten sich mit jeder
neuen Aufgabe nur erweitert haben. Zum Beweis
kann die noch in Barmen geschaffene
y Ausstattung der „Elixiere des Teufels" von
E. T. A. Hoffmann dienen, zweifellos das Hauptwerk
der Buchkunst Steiners, in Einband,
Vorsatz und Titel, Kopfleisten, Vignetten,
Schwarzweißillustrationen und den eingeschalteten
Szenenbildern wie aus einem Guß. Durch
innige Versenkung in den Stoff dieser mystischphantastischen
Erzählung ist es ihm gelungen,
den Stimmungsgehalt dieses Werkes in überzeugendster
Weise zum Ausdruck zu bringen.
— In den in lebhaft bunten Farbtönen handkolorierten
Zeichnungen zu de Costers „Uilen-
spiegel" ist der Historienton des köstlichen
Buches überraschend getroffen.
Die „Elixiere" bilden gleichzeitig eine wichtige
Stufe in der Entwicklung der Ornamentik
Steiners. Die Bestandteile der hier angewandten
phantastischen, auf den Inhalt symbolisch hindeutenden
Ornamentik sind an pflanzliche wie
tierische Formen gemahnende Gebilde, die zum
Teil wieder in rein lineare Schnörkel übergehen
. Beziehungen zur zeitgenössischen ornamentalen
Kunst Obrists, Pankoks u. a. sind für
diese nervös bewegliche Art der Formensprache
Steiners, die er allmählich aus rein naturalistischen
Anfängen entwickelt hat, deutlich erkennbar
. Neuerdings ist er in einer Anzahl von
Arbeiten zu einer strengeren, aus geometrischem
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