Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 26. Band.1912
Seite: 71
(PDF, 173 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_26_1912/0097
Wie aus alter Zeit wirkt diese Chronik als
ein Dokument, das über unsere schnellebigen
Tage hinaus neuen Sinn für das Bleibende bekundet
.

Hinter der Diele liegt nach der Terrasse zu
der künstlerische Mittelpunkt des Hauses, ein
Teezimmer von märchenhafterStimmung, elfenbeinweiß
mit Gold, die Vorhänge in leuchtender
roter Seide, die Möbel in Makassar-Eben-
holz mit rotem Seidendamast. Der Marmorfußboden
, in glänzender Spiegelung bleu beige,
Verona und Siena. Das rote Leuchten auf weißem
Grunde, die schwarzen Möbel, der helle
Lichterglanz in allen Ecken, geben dem Raum
eine ätherische Eleganz. Wie die Pracht eines
kleinen alten Rokokosalons, wie eine Kaprize
des Künstlers nach der Lektüre einer seltsamen
Geschichte.

Die helle Kuppel scheint sich im Aether zu
verlieren, verborgenes Licht zurückstrahlend.
Vom Elfenbeinton der Wände leuchten farbige
Blumenstücke von E. R. Weiß. Aus Plastiken
von Minne und Hoettger klingt eine feine Symbolik
. In kleinen Wandschränken spiegelt sich
die heitere Lust des Raumes wieder: Putten
mit schweren Blumenkränzen, chinesische Porzellane
, reizvolle Bijous, Gold und bunte Steine,
überall ein Leuchten und Glänzen. Der Raum
ist lauter Fröhlichkeit. Von hier tritt man hinaus
auf die Terrasse. Vorbei an Hallers herrlichem
Mädchenakt, schweift der Blick über
plätschernde Brunnen, zum Rasen, zu den Rosen,
nach Süden hinunter.

Stiller Einkehr sind die Räume des rechten
Flügels gewidmet. Dort liegt das Bibliothekzimmer
und das Archiv. Täfelung, Schränke
und Türen der Bibliothek sind in dunkler Eiche
ausgeführt. Hier bildet die reiche Sammlung
kostbarer Bücher und altindischer Bronzen
eine reizvolle Belebung. Ueber den Bücherschränken
hängt eine auserlesene Sammlung
moderner Kunst. Werke von Deusser und
Ciarenbach, Haueisen, Brühlmann, Schinnerer,
Caspar, Künstlern, denen Olbrich besonders
nahestand, und die er verwandter Anschauung
wegen sehr geschätzt hat. Ihre starke künstlerische
Potenz bestimmt diesen Raum so stark
in seiner Wirkung, daß man hier am liebsten
nur von ihnen sprechen möchte.

Neben der Bibliothek liegt rechts das Archiv
und links das Billardzimmer, ersteres in flammiger
Birke mit Birnbaum vertäfelt, von einer
Tonnendecke überspannt. In seiner Abgeschlossenheit
ermöglicht dieser Raum am stärksten
stille Arbeit und Beschaulichkeit. Die
ernste Stimmung des Raumes wird nur von
wenigen Farbflecken im Teppich (Paul) und in
den Stickereien (Marg. von Brauchitsch) unterbrochen
. In diesem Räume hängt ein ernster,
herber Mädchenakt von Hofer.

Das Billardzimmer in Sapeli-Mahagoni mit
schwarzen Leisten eingefaßt, trägt eine Alt-
Cölner Balkendecke die in modernem Sinne
stilisiert wurde. Wandschmuck bilden hier Bilder
von Max Buri und Erler-Samaden.

Das Damenzimmer im entsprechenden Vorbau
der Gegenseite atmet anmutige Eleganz
und heitere Farbenfreude. Ein blauer Wandstoff
harmoniert mit dem Seidenvelours der
Möbel, deren dunkelrotes Mahagoni stark herausleuchtet
. Der Rosenteppich ist nach Entwurf
von R. A. Schröder, Fries und Decke von
Professor Wackerle geschaffen.

Das sich anschließende Speisezimmer ist in
seinen Abmessungen der stark linearen Gliederung
der Türen und Vertäfelungen aus Zitronen
- und Nußbaumholz von glücklichster Harmonie
. Blaugrüne Stuckfelder mit Lilastreifen,
nach Art altpompejanischer Wandverzierungen,
füllen die Flächen zwischen den hochanstrebenden
Pfeilern, in mattem Glänze leuchtend. Das
zarte Lila der Vorhänge, der bunte Teppich,
weinrot, mit reichem, grünen Früchtekranz, wirken
bezaubernd in farbiger Kostbarkeit. Die
Töne verschmelzen hier zu Stimmungen, wie
sie kein Maler besser erfinden könnte.

Auch in den Zimmern des oberen Stockwerkes
, vor allem im Schlafzimmer, kommt
dieser Sinn für starke Farbigkeit und lichte
Helligkeit zum Ausdruck. In das helle Weiß
der Tapete flutet leuchtendes Grün des Teppichs
und der Vorhänge. Blumenmuster auf
Teppichen und Möbeln beleben das Grün wie
ein bunter Blumengarten. Von Wackeries Hand
stammen vergoldete Holzschnitzereien in den
Kopfstücken der Betten, und Füllhörner mit
Blumen und Rosen, als heiterer Rahmen um
die ernsten Stundenziffern der Uhr. Die Möbel
in dunklem Kuba-Mahagoni mit schwarz ausgelegt
, sind in ruhigen Flächen abgestimmt.
Sowohl hier, wie in den Tapeten, ist die vertikale
Linienführung vorherrschend und trägt
wesentlich zu der ruhigen Gesamtwirkung bei.

Die übrigen Zimmer, das Ankleidezimmer
der Dame elfenbeinweiß lackiert, mit beweglichem
Mobiliar in dunkelbraun amerikanischem
Nußbaum, die Vorhänge lila, das Gastzimmer
in Sapeli-Mahagoni, ein zweites weiß lackiert
mit blaugrünen Kretonnebezügen von Architekt
Ernst Haiger, atmen in gleicherweise einfache
und vornehme Wohnlichkeit. Aus gleichem Wollen
heraus variieren die Wirtschaftsräume, die
Badezimmer u. a. das Thema lichter Sauberkeit
nach der Seite des Praktischen und Hygienischen
. Alles ist hell und freundlich, wie die
feine Kultur der alten Schlösser. Immer wieder

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