http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_26_1912/0512
1
die Fayencemalerei von anderen Arten der Malerei
unterscheidet. Der Künstler wie der Techniker
haben daher auf das Erlangen dieserglanz-
vollen Erscheinung Wert und Nachdruck zu
legen, trägt sie doch das Hauptsächlichste dazu
bei, dem keramischen Gefäß, dem Gerät, der
Fayenceplatte dekorative Wirkung zu verleihen.
Dieser fundamentalen Forderung materialgemäßer
Behandlung wurde nun seitens der
Künstler Klaus und Galle und seitens des
Fabrikanten Wahliß in genauer Weise entsprochen
, und so entstanden Fayencen, vor
deren Glanz und Farbenfeuer die Fayencen
früherer Zeit, mögen sie nun italienisches Ur-
bino, französisches Henri-deux, Palissy oder
deutsche Hirschvogel-Fayence sein, zu mattem
Schimmer verbleichen. Ein Stück, wie die große,
gewellte Prunkvase „Die Tiefe des Meeres",
die auf dieser Seite abgebildet ist, muß wenigstens
unikal genannt werden, denn man kennt
kein keramischesGebilde irgendwelcher Epoche,
das sich diesem Werk vergleichen könnte. Der
ganze mystische Formen- und Farbenzauber
der Meerestiefe scheint darauf vor dem staunenden
Blick in eminent künstlerischer Form
stilisiert zu sein. Wer jemals im deutschen
Tiefsee-Aquarium zu Neapel einen Blick in die
sonst verborgene Welt am Meeresgrunde tat
und fasziniert vor den schier unzählbar mannigfachen
Wundern der Farbe und organischen
Form erschauernd stand, der wird die künstlerisch
-technische Leistung ganz zu würdigen
imstande sein, die mit der Dekorierung dieser
Vase vollbracht erscheint. In und an dieser
Vase manifestiert sich mehr Kunst und Schönheit
als in ganzen Künstlerhaus-Ausstellungen.
Man versteht und billigt daher den Eifer
namentlich deutscher Museumsleiter, die sich
beeilten, einige der prächtigsten Serapisfayencen
für ihre Sammlungen zu sichern. r.—r.
KARL KLAUS-WIEN □ WIENER
SERAPIS-FAYENCEN n AUSFÜHRUNG
: ERNST WAHLISS,
PORZELLANHAUS, WIEN B
440
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_26_1912/0512