http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_26_1912/0529
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E. P. BÖRNER □ PORZELLANFIGUR
, BLAU,
□ ROT UND GOLD □
AUSFUHRUNG:
KGL. PORZELLAN-MANUFAKTUR
MEISZEN
RAUMKUNST UND KUNSTGEWERBE AUF DER DRESDNER
KUNSTAUSSTELLUNG 1912
Die moderne Bewegung hat in diesem Jahre
das Recht, wenn anders sie einmal von
so altmodischen Dingen Gebrauch machen will,
ein Jubiläum zu feiern. Ein halbes Menschenalter
ist's her, daß sie aus den Ateliers der
Maler und Bildhauer heraus und auf die Bühne
der Oeffentlichkeit getreten ist. In demselben
Jahre, das vier jungen belgischen Künstlern
erlaubte, eine an sich unbeträchtliche Fachausstellung
zum Schauplatz ihrer neuen Formgedanken
zu machen, führte man in Dresden
einige Proben der modernen Raumkunst der
staunenden Mitwelt vor.
Dies Jahr 1897 bedeutete aber auch noch in
anderer Beziehung für die Entwicklung des ästhetischen
Zeitgeistes in Dresden Epoche. Die
Pflicht, dem künstlerischen Schaffen in gemessenen
Zeitabschnitten die Möglichkeit der öffentlichen
Dokumentierung zu geben, hatte, wie auch
in anderen deutschen Städten, die Akademie seit
Menschenaltern in ihrer Weise erfüllt. Vor dem
Anprall des Neuen zerbrach jetzt die alte Form,
deren Gebrechlichkeit klaren Augen längst sichtbar
geworden war. Die Ausstellung desJahres
1897 verkörperte ein neues Programm. Man
war es endlich müde, ein Beieinander von
Bildern und Skulpturen, wie man es sonst in
einem Museum mittleren Ranges zu sehen bekam
, wobei die Rücksicht auf das Format des
einzelnen Werkes im Grunde der einzige produktive
Gesichtspunkt der Aufstellung war, für
geeignet zu halten, das persönliche Wesen von
so und so vielen, verschieden gearteten und
verschiedene Aufnahmebedingungen verlangenden
Werken der Schaumenge zu vermitteln.
Die neue Rechnung war unendlich einfach:
eine Ansammlung von Kunstwerken hat nur
dann Sinn und Bedeutung, wenn sie als solche
selbst den Rang eines Kunstwerkes beanspruchen
darf. So gelangte man dazu, die These
in Wirklichkeit umzusetzen, die später so in
Worte gefaßt wurde: An die Stelle der Formen
der Vergangenheit sucht die neue Kunst
die jedem Sonderzweck angepaßte und für diesen
eigens erfundene Form zu setzen; und
zwar tut sie das keineswegs nur vom Nützlichkeitsstandpunkt
aus, sondern sie sucht den
Ausdruck des Zweckes auch ästhetisch mit
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