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KARL HAIDER f
r. j ettmar
^ fragment der skizze zu einem gobelin:
ausgiessung des hl. geistes. ii. ölbild (1911)
lerischen Ehre des Albrecht-Dürerbundes nahe-
treten zu wollen, daß insbesondere die Bezeichnung
des Dürerbundes als „Vereinigung von Zeichenlehrern
und Halbdilettanten" den Tatsachen nicht
entspricht, weshalb ich dieselbe zurücknehme.
Dr. Hans Tietze
KARL HAIDER f
Ctill und unerwartet ist in Schliersee am 28. Ok-
^ tober im Alter von 76 Jahren Karl Haider
verschieden. Mit ihm verliert die deutsche Künstlerschaft
nicht nur eines der stärksten Talente aus
der älteren Generation, sondern eine ihrer aller-
sympathischsten Persönlichkeiten, einen Künstler
von echt deutschem Wesen, von gerader, unerschütterlicher
Art, einen Menschen, den man nicht allein
wegen seines malerischen Könnens schätzte, wegen
seiner gediegenen Schaffensweise respektierte, sondern
wegen seiner starken, echten Liebe zur Natur,
die sich in allen seinen Werken ausspricht, seines
naiven, jeder üblen Sentimentalität fremden poetischen
Empfindens liebte. Seine Werke, die zum
größten Teil die Schönheit der bayerischen Landschaft
besingen, atmen bei aller Herbheit und zuweilen
leichter Schwermütigkeit eine beglückende
Ruhe, vollkommene Harmonie. Haider hat allen
seinen Schöpfungen einen eigenartig feierlichen
Klang zu geben gewußt. Nie reizte ihn ein einzelnes
artistisches Problem, nie ein interessantes Detail
, eine flüchtige Impression. Stets suchte er ein
Ganzes zu geben. Wenn Haider in seinem Schaffen
auch gewisse Berührungspunkte mit dem älteren
Hans Thoma aufweist, so hat er doch seine Art viel
mehr durchgehalten und ist in weiser Erkenntnis der
Grenzen seiner Befähigung nicht die Seitenwege
gewandelt, wie sein beweglicherer badischer Genosse.
Haider war im gleichen Jahre wie Leibi, 1846,
am 6. Februar zu München geboren, als Sohn des
königlichen Leibjägers und bekannten Jagdzeichners,
studierte neben Defregger und Oberländer an der
Münchner Akademie und schloß später enge Freundschaft
mit Leibi und Thoma. 1874warerin Florenz, wo
er viel mit Böcklin und Bayersdorfer verkehrte. Seit
1893 lebte er vorzugsweise in Schliersee; ähnlich wie
Leibi und Sperl hat er die stille Einsamkeit der Berge
geliebt. Von der Genremalerei, der er im Anfang huldigte
, ist er bald losgekommen. Neben seinen Landschaften
verdienen seine Porträts dauernden Respekt.
Ein großer äußerer Erfolg für Haider war die
imposante Ausstellung seiner Arbeiten, die 1910 in
München veranstaltet worden ist, anläßlich welcher
diese Zeitschrift einen reich illustrierten Aufsatz veröffentlichte
(Märzheft 1911). Die Breslauer Universität
hat ihm den Dr. phil. honoris causa verliehen.
dr. a. l. m.
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