http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_27_1913/0484
WILHELM LEIBL
ERINNERUNGEN UND BRIEFE
Von A. Wingen, kgl. Baurat, Bonn
Schon seit der Jugendzeit stand ich mit
Wilhelm Leibi in freundschaftlichem Verhältnis
. Besonders innig wurden unsere Beziehungen
vom Jahre 1866 ab. Die damalige
Kriegserklärung veranlaßte ihn, von München,
wo er die Akademie besuchte, nach seiner
Vaterstadt Köln zu reisen, um sich zur Fahne
zu melden. Er wurde jedoch nicht eingezogen
und blieb bis zum Friedensschlüsse im Hause
seiner Eltern, in dem ich verkehrte. In Köln
malte er das wundervolle, lebenswahre Bild
seines alten Vaters, das heute eine Zierde des
dortigen Museums bildet. Eines Tages teilte
er mir mit, daß er nun wieder nach München
reisen werde und überredete mich, mit ihm
dorthin zu fahren und in das Atelier des Baurat
Langen einzutreten. Ich folgte seinem Rat.
Wir mieteten uns in München eine gemeinsame
Stube, in der wir ungefähr sieben Monate
zusammen wohnten. Mehrmals in jeder Woche
besuchte ich mit ihm die Alte Pinakothek. Es
machte ihm dabei ein besonderes Vergnügen,
mir über die Malweise der alten Meister und
besonders des von ihm sehr verehrten van Dyck
Vortrag zu halten.
In jener Zeit malte er mein Porträt und
zwar in der Auffassung des van Dyckschen
Porträts des Schlachtenmalers Snayers. Auch
arbeitete er an einem Bilde „Don Quichotte den
Balsam des Fierabras herstellend". Da saß der
BERNHARD HOETGER
BRUNNENFIGUR (BRONZE)
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