Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 28. Band.1913
Seite: 137
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GRABKREUZE AUS; HOLZ MIT FARBIGER BEMALUNG]

Kein Wunder, daß es kleine Künste sind, daß
diese Armen im Geiste nichts zu schaffen vermögen
, was die Sinne erregt und den Augen
ein Fest bedeutet. Wendet mir nicht ein, daß
solches Begehren in gar keinem Verhältnis zu
den Objekten stehe. Wenn man das Handwerk
so ernst nimmt, wie wir es nehmen möchten,
künstlerisch so ernst, wie man ein Venezianerglas
, eine Augsburger Goldschmiedearbeit
oder eine Brüsseler Spitze schlechterdings
nehmen muß, so kann man nur dieses Herabsinken
in schwächliche und ungeschickte
Hände beklagen. Schade darum, die ersten
Ansätze waren so viel verheißend. Auf die
Gefahr hin, daß es verstiegen klingt, muß ich
doch gestehen, daß in einem Besteck von van
de Velde mehr Genialität, mehr Größe, mehr
Zeitrhythmus, ja mehr Seele Form geworden
waren, als in einigen tausend Hausanlagen,
Inneneinrichtungen, Zier- und Gebrauchsgeräten
, die in den Jahren darauf am Auge
vorübergeflirrt sind. Warum ist so etwas
nicht mehr möglich? Warum entsteht augenblicklich
nur Gerät, das man zutreffend
charakterisiert hat, wenn man es leidlich
anständig nennt. An den Einwand, daß es
sich nicht lohne, so etwas mit der ganzen
Hingebungsfähigkeit eines alten Kleinmeisters

ENTWURF: WERKSTÄTTEN GUSTAV DÖREN, HAMBURG

zu gestalten, glaube ich nicht. Wirkliche
Kunst, aus der ein Stück Menschenseele
aufschluchtzt, ist noch nie eine rentable
Sache gewesen und ist trotzdem wieder und
immer wieder entstanden. — Natürlich bleibt
alles, was man so als Qualitätsproduktion
zu bezeichnen pflegt, außerhalb dieser Betrachtungskreise
. — Und weiterhin sei an der
Behauptung zu zweifeln gestattet, daß es
heute keine Menschen mehr gäbe, die eine
künstlerische Erlesenheit auch wirklich zu
schätzen wissen. Es gibt auch heute noch
eine ganze Reihe von Kunstliebhabern, die
Dinge von höchster künstlerischer Erlesenheit
zu bewerten verstehen.

Solche Dinge geschaffen zu sehen delikater,
erlesener und auch reifer, als es in den ersten
Anfängen der Bewegung geschah, ist ein
Wunsch, den man immer nachdrücklicher aussprechen
hört von denen, die mehr Kultur
haben, als jene Kreise, für die eine landläufige
Geschmacksware das Gegebene sein mag.
Jener Keim der Bewegung, der auf eine
Versorgung der Massen gerichtet war, hat
sich überraschend entfaltet. Warum sollte der
andere, der Liebhabernaturen entzückende und
berückende Kleinkunstwerke bescheren könnte,
fruchtlos verdorren? Paul Westheim

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Dekoratire Kunst. XVI. 3. Dezember 1912

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