http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_28_1913/0271
arch. ernst haiger-münch en □ schlosz ober-lubie: saal □ supraporte von otto kopp-münchen
brennen, mag es sich sehr gemütlich plaudern in
den roten Lederklubsesseln, und von den verschiedenen
Möbelgruppen aus, die der behagliche
Raum umfaßt, wird man die angenehme Stimmung
genießen können, die von einer geschmackvoll
zusammengefügten Umgebung ausgeht.
Aus der Halle führt eine Eichenholztreppe
in den ersten Stock. Ein blumengeschmücktes
Innenfenster bringt die heitere Note in das
ernste Ensemble. Ueber die vorgebaute Holzgalerie
kommt der Besucher in den eigentlichen
Festraum, einen Saal, dessen Wände
graue Seide bespannt. Figürlicher Schmuck,
die vier Jahreszeiten darstellend, ist eingewoben
, die Türen krönen fein ausgeführte, der
Antike entnommene Figuren und Ornamente
in Grau auf zinnoberrotem Grund. Rote Seide
hängt in schweren Falten als Vorhang an den
Fenstern und bildet den Bezug der Möbel.
Borten aus Goldbrokat fassen den Stoff ein,
dessen leuchtende Farbe einen prächtigen Kontrast
für die grauen Wände gibt. Mahagoni-
Möbel und einige besonders gelungene Schränke
— wie alles in diesem Raum nach Entwürfen
von Ernst Haiger — bilden die Einrichtung.
Die Malereien sind von Otto Kopp in München
ausgeführt, ebenso jene im Speisesaal.
Dieser Raum ist mit Nußbaumholz getäfelt;
auch die Möbel sind aus dem gleichem Holz
hergestellt. Die breiten Flügeltüren, von grünseidenen
Vorhängen umrahmt, öffnen sich auf die
Terrasse, wo bei schönem Wetter der Kaffee
mit anmutiger Aussicht ins Grüne eingenommen
werden kann. Die Zimmer, die sich auf
der anderen Seite dem Saal anschließen, nahmen
die Biedermeiermöbel der früheren Einrichtung
auf. Von ihnen gelangt man in die
Schlaf- und Toilettenzimmer der Familie. Darüber
befinden sich in der oberen Etage Kinderspiel
- und Lernzimmer, Räume für Gouvernanten
und Dienstboten, dann alle nötigen Gelasse
für ein großes Haus, wie Wäsche- und
Bügelzimmer, Garderoben, Räume, an die ein
sorgsamer Architekt liebevoll denkt.
Stallungen, Remisen und Garagen sind dem
Stil des Hauptbaus in der äußeren Form angepaßt
. In den Park hat Haiger einen entzückenden
kleinen Teepavillon gesetzt, der,
ohne sie akademisch nachzuahmen, an die
Grazie des Rokoko erinnert.
Alles in allem kann der Architekt auf ein
wohlgelungenes Werk zurückblicken und sich
sagen, daß seine Mühe nicht vergebens war.
Alexander von Gleichen-Russwurm
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