http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_28_1913/0337
ARCH. PAUL MEBES-ZEHLENDORF
DAS LEHRERINNENHEIM IN PANKOW (vgl. s. 277)
Phlegma das Zeug vertreiben, das ihnen schließlich
immer abgenommen worden ist. Diese
Widerstände vorausgesetzt, wären meiner Meinung
nach die eigentlichen Ursachen doch tiefer,
nämlich bei den Künstlern selbst zu suchen.
Es ist nicht zu bestreiten, daß einige der
Fabrikanten mit unseren Kunstgewerblern Versuche
nach dieser Richtung hin gemacht haben.
Nicht mehr in den letzten Semestern, denn
diese Versuche haben Hunderttausende zwecklos
verschlungen. Zwecklos, nicht weil sie
sich nicht sofort bezahlt gemacht, sondern weil
sie nicht eigentlich Muster von wirklich künstlerischem
Wert erbracht haben. Die hätten,
wie wir aus anderen Gebieten wissen, sich
auch noch nach ein paar Jahren durchzusetzen
vermocht. Leider ist aber das meiste, was
da entstanden ist, über ein mittleres Geschmacksniveau
nicht hinausgekommen. Man begeht
wohl auch keine Ketzerei, wenn man den Leuten,
die diesen Teppichmustern skeptisch gegenüberstanden
, recht gibt. Viele, sehr viele der dargebotenen
Entwürfe waren auf die Dauer für
Augen und Nerven unerträglich. Es zeigt sich
da wieder der gar nicht abzuleugnende Mangel
an ausgezeichneten Flächenzeichnern, an Leuten,
die eine Textilfläche, ohne Orientalen zu sein,
so beherrschen wie ein orientalischer Teppichwirker
. Wo gibt es sie bei uns? Sie werden
gesucht, sie könnten eine Zukunft haben. Aber
über die „Raumkunst", die sie ja alle machen
wollen, ist die Fläche zu einem Aschenbrödel
geworden, Ist es nicht charakteristisch,
daß gerade Rudolf Alexander Schröder,
den einzelne schon außerhalb der Linie Rus-
kin-van de Velde - Muthesius stehen sehen,
hier die stärksten Erfolge erzielt hat? Für
die Not des Kleingewerbes, von der in diesen
Spalten neulich schon die Rede war, wäre das
wieder ein eklatanter Beweis. Wieder ist es
der Ar chitekt, der nebenbei noch der
Musterzeichner der Teppich-Industrie
geworden ist. Als ein paar Innendekorateure
damit begannen, für ihre Räume die zugehörigen
Teppiche zu entwerfen, wurde darin eine Notstandsaktion
erblickt. Die modernen Interieure,
die damals geschaffen wurden, hätten ohne diese
Durchgestaltung aller Einzelheiten auch niemals
276
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_28_1913/0337