Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 28. Band.1913
Seite: 278
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arch. paul mebes-z eh lendorf

kasino im lehrerinnenheim

die erstrebte Einheitlichkeit erhalten können. "Was
aber Ausnahmefall während eines Kriegszustandes
sein sollte, ist die Regel geworden.
Statt des Flächenkünstlers mit reicher, ornamentaler
Phantasie, mit Sach- und Materialkenntnis
liefert der außerhalb der Technik
stehende Dilettant die Entwürfe.

Kein Zweifel, daß ein großer Teil der Innenarchitekten
für den von ihnen komponierten
Raum das Richtige getroffen hat. Wir sahen
in so manchem Zimmer Teppiche aufliegen,
die man sich gar nicht anders vorstellen könnte.
Allein über diesen einen Raum hinaus
waren sie kaum einmal denkbar. Das
würde auch schon die Tatsache beweisen, daß
diese Künstler nur in Ausnahmefällen ihren
eigenen Teppich wieder in einen ihrer Räume
nehmen. Auch daraus geht hervor, daß diesen
Architektenmustern jene Neutralität fehlt, die
eine weitere Verwendbarkeit voraussetzt.

Und sie würde kaum nutzen, da der Mensch,
der heute Innenräume ausstattet, um keinen
Preis dafür zu haben sein wird, in,, seinen
Raum" den Teppich des Kollegen X zu
legen. Wie er nicht den Beleuchtungskörper
nimmt, den er vorfindet, wie er, um die für die
Neuherstellung erforderlichen Kosten nicht
allzu hoch anschwellen zu lassen, lieber mit
einer Qualitätsverschlechterung vorlieb nimmt,

entwirft er selbst ein zweifelhaftes Teppich-
Muster, anstatt dafür zu sorgen, daß ein ausgezeichnetes
Dessin Auflagen erlebt und so eine
gangbare Lagerware von höchster künstlerischer
Qualität ermöglicht wird. Ich will dem
Menschen, der sich selbst vor das Zeichenbrett
setzt, die besten Absichten unterstellen, will
voraussetzen, daß er tatsächlich der Meinung
ist, sein Muster sei für seinen Raum das allein
geeignete. Allein es muß doch gesagt werden,
daß auch hier ein falscher Individualismus
Qualitätsverschlechterung im
künstlerischen Sinne bedeutet. Diesem
zweifelhaften Individualismus — gegen tatenstarken
aufzutreten, wäre ich der allerletzte
— ist die Schuld zuzumessen, wenn sich hier
ein Musterzeichnerschlag großen Stils nicht zu
entwickeln vermag.

Ich glaube, man arbeitet nicht gegen den
Künstler, wenn man dem besseren Künstler
freie Bahn schaffen möchte. Und es scheint
mir, daß wir die Propagierung eines deutschen
Lagerteppichs nicht mit scheelen Augen anzusehen
brauchten, wenn wir in den Zeichenateliers
dieser Industrie schon die fachmännisch
ausgebildeten Künstler hätten, die Textilflächen
ornamental zu entwickeln verstehen, so reizvoll,
daß der bessere Teil der Käuferschaft spontan
nach ihnen verlangte. Paul Westheim

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