Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 28. Band.1913
Seite: 279
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_28_1913/0340
TYPISCHE FORMEN

Dem unbefangenen Beurteiler wird es nicht
so ohne weiteres einleuchten, daß die
Schaffung typischer Formen auch für uns in
künstlerischer Beziehung einen Vorzug bedeuten
würde. Andererseits muß jeder zugeben
, daß das ununterbrochene Suchen nach
neuen, noch nicht dagewesenen Grundformen
schließlich zu krankhaften Verzerrungen führen
muß und jedes Ausreifen verhindert.
Fast auf allen Gebieten der Wohnungskunst
hat man dies heute erkannt und ist auf
dem besten Wege, einen deutschen Stil zur
Reife zu bringen. Nur beim Beleuchtungskörper
scheint man sich nicht einig werden
zu können. Nicht, daß er von der modernen
Bewegung vernachlässigt worden wäre, im
Gegenteil, fast jeder Architekt, der heute eine
Zimmereinrichtung zeichnet,
entwirft auch den Beleuchtungskörper
dazu. Aber gerade
hierin, es klingt fast paradox
, liegt vorläufig einer
der Gründe, warum in der Beleuchtungsindustrie
der Anspruch
auf Gediegenheit
nicht die Berücksichtigung
finden kann, wie auf anderen
Gebieten, beispielsweise der
Möbeltischlerei. Die meisten
Künstler geben sich der Meinung
hin, daß die Bronzeindustrie
die gleiche Beweglichkeit
besitze, wie die Holzindustrie
und jedem ihrer
Entwürfe folgen könne. Dies
ist aber nicht der Fall, wenigstens
nicht, sobald es sich
um eine Ausführung in solider
Gußtechnik handelt.
Für jedes einzelne Teil muß
hier der Bildhauer ein besonderes
Modell anfertigen,
das, um längeren Bestand zu
haben, in Metall gegossen
und sauber bearbeitet werden
muß. Erst die Metallmodelle
bilden den Grundstock
für die Herstellung des
eigentlichen Beleuchtungskörpers
. Hieraus geht hervor
, daß die Ausführung jedes
neuen Entwurfes mit Unkosten
verknüpft ist, die so
hoch sind, daß sie durch den
Verkauf eines einzelnen
Stückes nur dann amortisiert

werden können, wenn relativ große Geldmittel
zur Verfügung stehen. Dies ist aber bei Bestellung
von Beleuchtungskörpern erfahrungsgemäß
selten der Fall. Der Fabrikant ist also meist
gezwungen, entweder den Bronzeguß möglichst
auszuschalten und durch andere Techniken zu
ersetzen, oder durch den kaufmännischen Vertrieb
des neuen Musters seine Unkosten zu
decken. Das letztere verspricht aber solange
keinen Erfolg, wie sich nicht typische Formen
entwickelt haben und, wie es jetzt noch der
Fall ist, jeder Architekt es als unmöglich
empfindet, einen nicht von ihm entworfenen
Beleuchtungskörper zu verwenden. Dem Fabrikanten
bleibt also bei Ausführung auf Extrabestellung
in der Mehrzahl der Fälle nichts
übrig, als die Gußtechnik möglichst zu vermeiden
und durch Blech- und Treibarbeit zu
ersetzen. Richard L. F. Schulz

arch. paul mebes □ vorraum der robert koch - ge dach tn is halle

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