http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_28_1913/0600
vermieden, das internationale Publikum durch
unnötig eigenwillige stilistische Zumutungen
vor den Kopf zu stoßen und etwa zu abfälligen
Urteilen über den „gewaltsamen" neudeutschen
Ausstattungsstil zu reizen. Die verwickelte und
keineswegs dankbare Aufgabe legte dem Architekten
eine gewisse Entsagung auf, aber sie
belohnte ihn wiederum durch jene Erfolge, wie
sie durch eine glückliche, gut vorbedachte
Raumdisposition, durch einen harmonischen
Ausgleich der Baumassen einzutreten pflegen.
Littmann hat für das Kurhaus in Bad Kissingen
einen wirklich baumeisterlichen Ausdruck gefunden
, gediegen, behaglich und repräsentativ
zugleich, und man braucht nur an die Raumwirkung
seiner Wandelhalle oder die des Festsaales
zu denken, um zu wissen, daß hier der
Raumkörper Funktionsgefühle vermittelt, die
neu sind und also doch wohl ursprünglich und
schöpferisch sein werden. Die Innenausstattung
aber ist so sorgsam bis in alle Einzelheiten
hinein geschmacklich durchgebildet, in schönen
Materialien uud sauberer Werkarbeit, daß der
bayerische Staat, der freiherzig genug war,
diesen namhaften freien Baukünstler für eine
so wichtige Arbeit heranzuziehen, nunmehr in
seinem besuchtesten Bade fast so etwas wie
eine kunstgewerbliche Ausstellung besitzt, die
ständig in Gebrauch ist und also täglich praktisch
Zeugnis ablegen muß für ihre Brauchbarkeit
. Gewiß die beste Kunstpolitik, die ein
Staat treiben kann.
Eugen Kalkschmidt
( arch. max littm ann-münch en d drehbares orchester in der wandelhalle
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