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DIE AUSSTELLUNG
DER DARMSTÄDTER KÜNSTLER-KOLONIE 1914
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Es ist eine bekannte Tatsache, daß Darm-
stadtsKunstbetätigungein Reformprogramm
in sich schließt, wobei der Schwerpunkt des
künstlerischen Schaffens auf dem Gebiete des
Bauwesens und der Wohnungskultur liegt. Wenn
schon die Technische Hochschule von jeher
eine Pflegestätte hierfür war und noch ist, so
wurde die von Groszherzog Ernst Ludwig
ins Leben gerufene Künstlerkolonie von vornherein
mit der Absicht gegründet, neue eigene
Wege zu beschreiten und damit vorbildlich zu
wirken. Ging es auch anfangs etwas bunt und
überschäumend zu, so hat doch im Laufe der
Jahre das Arbeitsgebiet der Kolonie eine Bedeutung
und Ausdehnung gewonnen, die für
bestimmte Zweige deutschen Kunstschaffens
maßgebend geworden sind. Niemand wird heute
bestreiten wollen, daß insbesondere der moderne
Villenbau und die damit verbundene neue
Raumkunst starke,
lebensfähige Anregungen
von Darm-
stadt aus erhalten
haben.
Um architektonische
Raumgestaltung
handelt es sich
auch im wesentlichen
wieder bei der
Ausstellung 1914.
Diesmal gilt es, die
letzte Hand an den
Ausbau der Mathildenhöhe
, den Sitz
der Künstlerkolonie
, als „Raum" zu
legen. Den Abschluß
nach Westen
hat Professor Al-
binMüller bereits
mit seinem eigenen
Hause geschaffen.
Durch die große
Brunnenanlage, die
vor der russischen
Kapelle zu errichten
ihm vom Großherzog
aufgetragen
wurde, soll hier
noch ein bedeutsames
Schmuckstück
eingefügt werden.
Außerdem wird die
von dem genannten
W. NIZINSKY
Künstler gegebene Anregung zur plastischen
Ausgestaltung des Platanenhains der Verwirklichung
entgegengeführt. Hier hat der Bildhauer
Professor Bernhard Hötger sich die
Aufgabe gestellt, eine weihevolle Anlage zu
schaffen, indem er den Hain mit lebensgroßen
Wasserträgerinnen (Porträtfiguren) umkränzt.
Am östlichen Ende des Platanenhains wird der
Architekt Margold das Restaurant, den Musikpavillon
, Blumen- und Postkartenkioske errichten
. Eigenartig vornehme, von Albin Müller
und Hötger geschaffene Eingangsportale begrüßen
den Besucher. Vom Platanenhain gelangt
man zum städtischen Ausstellungsgebäude,
dessen Terrassen und Ehrensaal von dem Architekten
Prof. Edmund Körner gestaltet werden
. In diesem Festraum werden die Bildnisse
des Großherzogspaares, von Hanns Pellar
gemalt, Aufstellung finden, während in den
übrigen Sälen des
für ständige Ausstellungen
errichteten
Baues die Herren
Körner, Kleu-
kens, Albin Müller
und Margold
zeigen wollen, daß
die moderne Raumkunst
den Anforderungen
höchster
Repräsentation gewachsen
ist. Es sollen
reiche Prunkräume
dort zur Ausstellung
gelangen,
darunter der von
Albin Müller für
das Palais des Großherzogs
entworfene
Musiksaal. Das Vestibül
des sogenannten
Hochzeitsturms
wird mit Mosaiken
nach Entwürfen von
Prof. KLEUKENSge-
schmückt werden.
Ein Glanzpunkt
der Ausstellung verspricht
der von dem
Bildhauer J. Jobst
geplante, mit Plastiken
und gärtnerischem
Schmuck
reich ausgestattete
SIAMESISCHER TANZ
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