http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_30_1914/0419
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ALFRED SODERS EXLIBRIS
Wenn heute irgendwo von Schweizer Kunst
die Rede ist, dann ist zehn gegen eins
zu wetten, daß damit Hodler, Amiet, Buri und
noch einige Führer der äußersten Linken gemeint
sind, und natürlich auch das sehr starke
Fähnlein, das sich um sie geschart hat. Sogar
die großen Namen der jüngsten Vergangenheit
— Böcklin, Welti, Stauffer-Bern — kommen
heute kaum mehr in Frage, wenn es sich um
Schweizer Kunst handelt. Sie sind ja bereits
erledigt, registriert und rubriziert. Um Hodler
und die Andern aber wird noch immer mit
Leidenschaft gestritten, in der Schweiz selbst
und auch bei uns; und so ist es eigentlich
gar nicht so verwunderlich, daß man zuerst
und immer nur an diese Gruppe denkt, wenn
der Begriff „Schweizer Kunst" in unseren
Gesichtskreis tritt.
Nun soll gerne zugegeben werden, daß diese
Führer des kühnsten Fortschritts tatsächlich
einen überwältigenden Einfluß, besonders auf
die Jugend, ausgeübt haben und noch immer
ausüben, ob zum Guten oder zum Schlimmen,
das muß sich allerdings erst erweisen. Sie
haben der Kunst der Schweiz, d. h. jener
Kunst, die auch im Ausland zumeist gezeigt und
über die andauernd gesprochen
und geschrieben
wird, ihr Signum
aufgedrückt. Und man
muß sogar sagen, daß
das Derbe, Urtümliche,
Unbehauene eines Teiles
dieser Kunst uns
sehr gut zum Wesen des
Schweizers zu passen
scheint. Es ist aber
selbstverständlich und
brauchte in ruhigeren
und objektiveren Zeiten
als den unsrigen gar
nicht erst betont zu werden
, daß es in einem
Lande wie der Schweiz,
in dem mehrere Sprachen
, Volksstämme und
Kulturen sich gegeneinander
behaupten und das
so reich an produktiven
Kräften aller Art ist,
auch für die Kunst tausend
Möglichkeiten des
Ausdrucks gibt. Und so
findet man denn in der alfred soder
Schweiz auch heute noch ungezählte Eigenbrötler
, die entgegen und abseits der „offiziellen
" Hauptrichtung nach ihrer Fasson selig
zu werden suchen. Man trifft neben den Kraftmeiern
, denen keine Farbe grell und keine
Wand groß genug ist, auch stille Träumer,
die bescheiden in einer Ecke sitzen und der
Leinwand oder der Kupferplatte allerlei zarte
Dinge anvertrauen. Und viele werden sich
darüber wundern, daß das auch moderne
Schweizer Kunst sein soll. Aber der Kundige
lächelt nur über solche Zweifel; denn er weiß,
daß es im Lande der Kunst, also auch in einem
Kunstlande wie der Schweiz, gar viele Wohnungen
gibt.
So ein Winkel nun, in dem, neben sehr
temperamentvollen Angehörigen des Fähnleins
des radikalen Fortschritts, auch mancher Künstler
mit mehr konservativen Idealen an seinem
Werke schafft, ist das von altersher kunstberühmte
Basel. Und so ein Künstler, der
unbekümmert um die herrschende Mode arbeitet
, wie er es versteht und wie er muß, ist
der Radierer Alfred Soder. Es ist sehr leicht
möglich, daß viele diesen Namen hier zum
ersten Male hören. Und das ist ganz natürlich;
denn es gibt nur wenige
Künstler, deren Schaffen
sich, gleich dem Soders,
bis jetzt nahezu ausschließlich
auf einem
Spezialgebiet betätigt
hat, das nur Sammlern
und Interessenten dieser
Spezialität bekannt
und vertraut ist: auf dem
Gebiete des Exlibris.
Fast das gesamte graphische
Werk Soders,
das sich auf eine Schaffenszeit
von knapp zehn
Jahren verteilt, besteht
aus Exlibris, die ausnahmslos
radiert sind
und deren Zahl sich
heute auf ungefähr sechzig
Blatt belaufen mag.
In den Kreisen der Exlibrissammler
erfreut
sich Soder schon seit einigen
Jahren einer fortwährend
steigenden Beliebtheit
. Aber außer-
exlibris halb dieser Gemeinde,
EXLIBRIS
HELENE
FHUR^ÄUER
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