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J. SCHEURENBERG SPAZIERGANG
Ausstellung der K< Akademie der Künste, Berlin
lenweise recht leere Kathedrale von Dortrecht.
Von Friedrich Kallmorgen entzücken eine regenfeuchte
Alt-Hamburger Straße und das kräftiger
angepackte Motiv einer ruhenden Schafherde
unter Bäumen, ein Bild, das den besten
frühen Tierschilderungen Heinrich von Zügels
gleichkommt. In dem Gemälde „Unser Dorf
(Abb.S.339)stimmteKallmcrgen dieLuftund die
Farben eines Herbsttages zu einem vornehmen
Gebilde von gobelinhafter Wirkung zusammen
und glich hierbei die reich abgestufte Flächenwirkung
mit dem Eindruck des dargestellten
weiten Raumes aufs glücklichste aus. In den
Landschaften Oskar Frenzels ist die Farbe
ziemlich flach und kraftlos hingestrichen, das
künstlerische Motiv aber, um dessent-
willen die Gemälde entstanden, kam
beide Male gut heraus. Beide Bilder
zeigen eine abendliche Landschaft mit
malerisch verteiltem Vieh, dessen Bewegungen
vorzüglich erfaßt sind. Carl
Langhammers bunt aufleuchtende
norddeutsche Landschaft mit den über
die weite Ebene hinhuschenden Licht-
und Wolkenflecken hat schöne Stellen.
Die Hafenansicht mit hohen Segelschiffen
von Ulrich Hübner (Abb.
S. 336) strahlt im Glanz heiterer Farben
und ist von flimmernder sonniger
Luft erfüllt. Das Bild besitzt aber
nicht genug Kraft und Tiefe, um einen
dauernden guten Eindruck erwecken
zu können.
Max Liebermann stellt zwei Herrenbildnisse
aus, von denen das eines
Obersten in feldgrauer Uniform durch
die lebendige Charakterisierung und
den kraftvoll herausmodellierten Kopf
fesselt (Abb. S. 341). Die malerische
Ausführung ist freilich ein wenig grob
und oberflächlich und mit dem Grau
der Uniform wußte Liebermann nicht
viel anzufangen. Max Slevogt stimmte
die schwer zusammenzubringenden
Farben an der Uniform des Generalleutnants
von Wenninger — starkes
Blau und Rot sowie bunte Ordensbänder
— geistreich zusammen (Abb.
S. 342). Leider löst sich der lichtum-
flossene Kopf in diesem effektvollen
Bildnis nicht genügend vom hellen
Grunde los.
Otto H. Engel stellt verschieden
geartete und untereinander ungleichwertige
Gemälde aus. Ein dekorativ
stilisiertes Bild, das durch eine Flachlandschaft
marschierende Scharen bei
Sonnenaufgang zeigt und das „Bei
Sonnenaufgang am 2. August 1914" betitelt ist,
gibt wirklich etwas von der Stimmung der Mobilmachungstage
wieder. Er zeigt ferner ein
buntes Kinderfest auf Föhr und das nette
Bildnis einer jungen Dame im schwarzen Reitkleid
mit roter Krawatte (Abb. S. 340). Wertvoller
als dieses mit erprobten Mitteln zustande
gebrachte wirkungsvolle Ausstellungsbild
ist sein diskreter gehaltenes Bildnis des
Kommerzienrats K., der vor dunklem Stoffbehang
sitzt. Die Malerei des schwarzen Anzugs
ist tonig und frei von Glätte, die schön
gemalten Hände besitzen Ausdruck und Wärme.
Von Philipp Frank sah man selten eine so
gute Leistung wie die flott, aber nicht ober-
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