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flächlich gemalte Interieurszene einer stillenden
Mutter; auch sein hier gezeigter „Wannsee
" hat nicht annähernd die gleichen guten
Eigenschaften. Hans Baluschek hat seine
Eisenbahnbilder, die in der künstlerischen Gesinnung
so ehrlich und echt sind, leider gar
zu nüchtern und schwerfällig ausgeführt.
Unter den Plastiken sind ein paar ausgezeichnete
Porträtbüsten. Paul Oestens groß
empfundene weibliche Kalksteinbüste, der
famos herausgearbeitete und lebendig erfaßte
Eugen-Richter-Kopf von Ernst Wenck und
die Gernsheim-Büste von Karl Ebbinghaus
verdienen hervorgehoben zu werden. Von
Ebbinghaus sieht man auch eine gefällige
weibliche Brunnenfigur in Bronze voll zierlicher
Eleganz, die das Werk eines geschmackvollen
Künstlers ist, der keine neuartige und
eigenwillige Gestaltung der Form anstrebt.
Stark persönlichen Stil weist dagegen Georg
Kolbes Kalksteinfigur einer kauernden Ba-
OTTO H. ENGEL
Ausstellung der K. Akademie der Künste, Berlin
denden auf, die in ihrer originell gesehenen
und fein geformten Haltung die Art des jungen
Meisters charakteristisch zur Geltung bringt.
Von Ludwig Manzels großer Kentaurengruppe
„Kampf" übermittelt die Abbildung
eine gute Vorstellung. (Abb. S. 337). Max
Esser und August Gaul zeigen wieder Tierplastiken
. Gauls Elefanten, die eine Silberschale
tragen, seine kämpfenden Widder und
seine Eselgruppe sind in bezug auf die lebendig
und treffend wiedergegebenen Bewegungen
ausgezeichnete Leistungen. Man hat
aber von diesem Künstler schon Tierplastiken
gesehen, deren Formen viel großartiger und
schöner empfunden waren. Esser erreicht mit
seinen Wiedergaben eines Fasans, eines Perlhuhns
und eines schlafenden Stares gefällige
dekorative Wirkungen.
Den jüngst verstorbenen Akademiemitgliedern
Josef Scheurenberg undKarlKöpping
sind Gedächtnisausstellungen gewidmet. Rein
malerisch steht eine weich
V'"' " IIITTWII und duftigbehandelte Wiese,
in die Gänse flockig hineingesetzt
sind, viel höher als
die glatten Porträts und die
genrehaften und religiösen
Szenen, durch die Scheurenberg
bekannt wurde
(Abb. S. 338). Karl Köp-
pings virtuose Kunst der Radierung
kommt noch einmal
zu glänzender Wirkung. Die
Stärke dieses ungewöhnlich
geschickten Könners lag
nicht in seinen selbständigen
Schöpfungen, von denen
die weiblichen Akte noch
die besten sind. Wenn Köp-
ping Landschaftsmotive behandelte
, wurden seine Blätter
allzu weich und aufgelockert
, und seine Bildnisse
sind — außer einem
lebensprühenden kleinen
Selbstporträt — ziemlich
langweilig. Außerordentliches
leistete er dann, wenn
er die farbige Pracht alter
Gemälde in schwarzweiße
Radierungen umsetzte. Vor
seinen radierten Wiedergaben
von Gemälden Rem-
brandts oder Frans Hals',
die gleichsam farbig aufsprühen
und funkeln und
die auch etwas vom Geiste
jener Werke verspüren
DAMENBILDNIS
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