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HEINRICH KNIRR BILDNIS MEINES SOHNES HELMUT
Sommerausstellung der Münchner Secession
Kunst ergeben hat, wieder einmal mit einigen
landschaftlichen Arbeiten aus früheren Zeiten
grüßen läßt. Noch ein paar „Fremdlinge" und
„Seltene" gliedern sich in den Zug der Erinnerungen
ein: Schlittgen mit einem auf
Rot und Gelb gestimmten Ball-Bild, Grätz,
der sonst nur als Illustrator auftritt, hat diesmal
eine selige Frühlingslandschaft beigesteuert
(Abb. S. 417), Kirchner, sein Kollege
von den „Fliegenden Blättern", neben einigen
minutiösen Bleistiftzeichnungen ein lustiges
Bild in Guasch „Die Wahrsagerin", das ganz
erfüllt ist von guter Laune und Weltanschauungshumor
. Dagegen ist Franz Naager voll
archaisierenden Ernstes und zeigt besonders
mit seiner „Kreuzigung", daß man nicht ungestraft
jahraus jahrein unter gewissen alten
Bildern lebt. Selige Landschaftsstimmungen
zittern nach, wenn man die Namen Benno
Becker, Albert Lamm (Abb. S. 429), Richard
Kaiser, W. L. Lehmann, Paul Cro-
del und C.Th. Meyer-Basel nennt; namentlich
der letztere hat sein Herz für blühende
Bäume und weite Fernsichten entdeckt und,
obschon längst nicht mehr einer der Jüngsten,
hat er dem, was er geschaut und erfühlt, in
durchaus moderner Formensprache, leicht und
farbig, Ausdruck gegeben. Vetter führt in
die Räume der Münchner Residenz mit Interieurs
, die in den Tiefen prachtvoll leuchten
, in ihrer fein abgestimmten Farbigkeit eine
rechte Augenweide sind und im vollsten Sinne
Raumbilder genannt werden müssen, während
Esser, Joseph Kühn und Eugen Wolff-
Filseck in ihren Interieurs eigentlich nur verkappte
Stilleben geben. Stilleben der einleuch-
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