Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 32. Band.1915
Seite: 135
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CACILIE GRAF

RADIERUNG

DAS NEUE POLIZEIGEBÄUDE
IN MÜNCHEN

Jacob Sandtners Modell der Stadt München von
1571 im Bayerischen Nationalmusum läßt die
Umgebung des Schönen Turms als eine der reizvollsten
und zugleich architektonisch wuchtigsten
Partien im Bild der Stadt erkennen. Vor allem
gewährt die ausgezeichnete, wohlüberlegte Gruppierung
des Jesuitenkollegiums (heute Gebäude der
Alten Akademie), der Michaels-Hofkirche, des
Augustinerklosters und der dazugehörigen Kirche
mit den hochhereinschauenden Türmen des Doms
einen städtebaulichen Aspekt, von dem man sich
ja bis in unsere Tage herein eine ziemlich unver-
wischte Vorstellung machen konnte: Arthur Weese
z. B. hat in einer kunstgeschichtlichen Monographie
über München diesen Komplex an Gebäulichkeiten
eines der schönsten Stadtbilder von ganz Deutschland
genannt. Als vor mehr als einem Jahrfünft
der Plan greifbare Gestalt annahm, an der Stelle
des verwahrlosten Augustinerstocks und der längst
zur schmutzigen Mauthalle herabgesunkenen ruinösen
Augustinerkirche (unter Einbeziehung einiger
Nachbarhäuser) das neue Polizeigebäude erstehen
zu lassen, da dachte bei der großen Konkurrenz
um den Neubau mancher städtebaulich empfindende
Architekt daran, die alte Silhouette der Straße zu
erhalten, sich nicht mit seiner Persönlichkeit vorzudrängen
und mit seinen baukünstlerischen Einfällen
, sondern eine Lösung aus dem Geist der
Stadtseele, aus der Tradition des Straßenbildes heraus
zu suchen. Am besten gelang dies theodor
Fischer, und obwohl sein Wettbewerbsprojekt nicht

den Sieg davontrug, wurde ihm die Ausführung des
Neubaus übertragen. Das war sicherlich eine glückliche
Maßnahme der zuständigen Behörden, denn
das Bauwerk, das in diesen Wochen seine endgültige
Vollendung erfuhr, ist, trotz der ungeheuren
Hemmungen, die der restlosen künstlerischen Aufformung
eines solchen Werkes immer entgegentreten
, in seiner Art vollkommen, eine ausgezeichnete
Lösung in sozialer und künstlerischer Hinsicht
. Der Gebäudekomplex gruppiert sich an
vier Straßen. Einige alte Häuser an der Löwengrube
und an der Domfreiheit (Augustinerstraße)
mußten erhalten und städtebaulich möglichst
zwanglos, unauffällig und selbstverständlich in das
Bauganze eingruppiert werden. So ergab sich
einige Schwierigkeit in der Grundrißlösung der
verschiedenen Bautrakte, die sich um die Höfe
legen. Im Aeußeren wurde die Silhouette der
Augustinerkirche an der Neuhauserstraße mit der
schmalen Giebelfassade an der Ecke der Ettstraße
völlig erhalten. Daß das Erdgeschoß des Kirchenbaues
in räumlich üppige Verkaufsläden aufgelöst
wurde, hat weiter nichts Störendes: den Anbau
von Verkaufständen an Kirchen ist man besonders
in München gewöhnt, man hat an der Heilig-Geist-
Kirche ein Beispiel dafür. Eine besondere Schwierigkeit
bereitete gerade bei diesem Gebäudeteil die
Einbeziehung des alten Kirchenchors in die neue
Baubestimmung: umsomehr, als man die profanen
Zwecke des neuen Gebäudes doch nicht hinter
einem allzu sakralen Äußeren verstecken wollte.
Da verfiel Fischer auf die glückliche Idee, diesen
Chor in seiner unteren Hälfte in eine kleine Pfeilerhalle
aufzulösen und so einen Durchgang zur Augustinerstraße
zu schaffen mit schattigen Sitzgelegen-

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