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MAX WISLICENUS
WANDBEHANG „WASSERSTIER'
dem Werkstoffe des Gewebes und aus selbständigem
Studium des Gobelinstils alter
Zeiten sich ergeben kann, leichter vorgestellt,
als sie ihrer schwierigen Natur nach sein
konnte.
Der einzige, der bei der Aufgabe ausharrte
und unbeirrt durch den Mangel an Aufträgen
und bestimmten Aufgaben an der einmal begonnen
Arbeit festhielt, war Max Wislicenus.
Und daß diese Beharrlichkeit mit der Zeit
ihre Früchte tragen wird, davon konnten sich
die Besucher der Kölner Werkbundausstellung
im vergangenen Jahre überzeugen. Der schle-
sische Saal mit seiner dunkeln Wandtönung
erhielt sein festliches Gepräge durch sieben
große Wandteppiche, die in der Werkstatt von
Frl. Wanda Bibrowicz nach den Entwürfen
von Prof. Wislicenus ausgeführt, zum ersten
Male der breiten Oeffentlichkeit die Ernte einer
mehr als zehnjährigen Arbeit zu Gesicht
brachte. Der Eindruck war ohne Frage ein
starker. Einheit in der künstlerischen Auffassung
, in die Anpassung an die Technik
der Weberei und sichere Ausführung von handwerklich
tüchtiger Vollendung ergeben zunächst
mindestens den Eindruck eines klaren,
in sich gegründeten Stils, der überzeugend
wirkte durch seine Verbindung flächig gesehener
, rhythmisch bewegter Figuren mit
reicher Belebung des Bildfeldes durch ornamentale
Uebersetzung der Naturmotive.
Die Abbildungen, die hier beigegeben sind,
lassen eine ausführliche Schilderung der einzelnen
Kompositionen überflüssig erscheinen.
Mit dem meisten Glück beschränkt sich Wislicenus
auf Figuren großen Maßstabs, die er einzeln
oder in vorwiegend symmetrisch zusammengeschlossenen
Gruppen den Rahmen des Bildfeldes
möglichst ausfüllen läßt. Das ergibt
einen dekorativen Reichtum, wie ihn etwa die
ältesten griechischen Vasenmalereien oder die
Glasgemälde des frühen Mittelalters oder auch
die Bildwirkereien des 16. Jahrhunderts zeigen,
wo die Füllung der Fläche als oberste künst-
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