Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 35. Band.1917
Seite: 182
(PDF, 137 MB)
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gegangen sind. Die Ausmaße des Gemäldes
sind sehr beträchtlich und wirkten insofern
auf den Stoff und die Komposition des Gemäldes
zurück, als natürlich von einem intimeren
Thema abgesehen werden mußte und
ein Vorwurf zu wählen war, der bei aller im
Interesse des ruhigen Gesamteindrucks gelegenen
Geschlossenheit eine reiche Gliederung
zuließ. Diez wählte als Thema den gestirnten
Nachthimmel mit den Gestalten des Tierkreises
und Luna als Königin der Nacht. In ein ovales
Feld, das von zehn Ovalbögen begrenzt
ist, komponierte der Künstler sein Gemälde
hinein. In Gold gefaßt ist der Grund blau und
Opalen schimmernd, in tieferen Tönen, Schattenrissen
gleich, heben sich die Tiergestalten
ab. Bestimmend tritt nur der ganz in den
Vordergrund gerückte Bogenschütze in die Erscheinung
: er scheint der Regent der Stunde zu
sein. Gar bedrohlich sieht die Riesengestalt aus,
die eben den Pfeil auf den Bogen legt, und
aus deren tiefbeschattetem Antlitz statt des
Auges ein phosphoreszierender Stern beängstigend
blitzt. Den Mittelgrund beherrscht Luna.
Diez hat sie dargestellt als kühle, blasse Nachtgöttin
von majestätisch hohem Wuchs; sie
steht auf ihrem Wagen, der dem homerischen
Kampfwagen gleicht, nur daß ihm statt der
feurigen Rosse zwei zahme Damhirsche vorgespannt
sind. Die Gestalt der Göttin und
das Gespann bringen Farbe in das kühle Blau:
wie sich die farbige Erscheinung in Rosa und
mattem Elfenbeinweiß gleichsam im Hintergrund
auflöst und wie so ein köstlich-weicher
Eindruck entsteht, der gleichwohl nichts von
der beabsichtigten dekorativen Wirkung preisgibt
, das ist ganz meisterhaft. Besonders sind
die wie Edelsteine über das ganze Gemälde
verstreuten, in wahrhaft überirdischem Glanz
erstrahlenden Sterne im Hinblick auf die
schmückende Wirkung mit feinem Blick und
sicherer Hand ins Bild gesetzt. Diez hat
übrigens das Deckengemälde nicht im Sinne
der seit der Renaissance beliebten und namentlich
von Tiepolo zu äußerster Vollendung getriebenen
Illusionsmalerei perspektivisch als
einen Einblick in das Himmelsgewölbe aufgefaßt
und gestaltet, sondern linear wie ein Staffeleibild
, nur in etwas bewußterer Stilisierung und
mit Einstellung auf die Fernwirkung. Da
Diez selbst letzte Hand an das Gemälde legen
konnte und nicht, wie bei seinen Entwürfen
für Mosaiken und Gobelins, mit der endgültigen
Ausführung durch fremde Hände
rechnen mußte, konnte er auch im Materialausdruck
eine ganz persönliche Note festhalten
.

g. j. w.

SEPP FRANK

EIN MALER-RADIERER
Von Willi Burger

Ob wirklich für die graphischen Künste
der Höhepunkt schon wieder einmal
überschritten, ob die aufsteigende Linie ihrer
Beliebtheit beim Publikum schon wieder einer
sinkenden Kurve Platz macht, wie man hie
und da behaupten hört, ist doch sehr zu bezweifeln
. Noch ist die hervorragende Eignung
der Radierung, des Schwarzweiß-Holzschnittes
zu einem Wandschmuck vornehmster, diskretester
Art nicht überall erkannt worden, noch
werden die Erzeugnisse der „schwarzen Kunst"
nur als Sammelobjekte gewürdigt. Doch das
nur nebenbei. Die Ueberzeugung, daß für die
Graphik noch eine weitere glänzende Entwicklung
bevorsteht, stützt sich auch auf die
gegenwärtigen Zustände unserer Malerei. Jene
reinliche Scheidung der Grenzen von „Malerei
und Zeichnung", wie sie seinerzeit von Klinger
aufgestellt wurde, ist doch in den letzten Jahren
sehr durchbrochen worden; solange aber diese
Absteckung ihre Gültigkeit behält, wird man
zur Darstellung jener „dunklen Seiten des
Lebens", die auch im Künstler mächtige Eindrücke
wecken, lieber zur Nadel, Säure und
dem Schneidemesser greifen als dem Oelbild.

Die „dunklen Seiten des Lebens" nehmen
auch im Schaffen des Künstlers, der uns hier
beschäftigt, eine bedeutende Rolle ein. Nicht
im Sinne, daß ein mystisch-philosophisches
System oder eine Allegorie mit anekdotischer
Zuspitzung durch die Mittel der Graphik vorgetragen
werden. Man betrachte ein Blatt wie
den „Faust", um das Inhaltliche in der Kunst
Franks zu erkennen. Ein Gesicht, von den
Zweifeln und Sorgen, die das Rätsel des Lebens
bereitet, gepeitscht und zerrissen, krampfhaft
ineinanderverschiungene Hände, da das Denken
der Sphinx der Natur nicht beizukommen verr
mag, die ganze hagere Gestalt von dem weiten
Gelehrtenmantel umwogt. Nicht um die künstlerischen
Leistungen in Parallele zu stellen,
was Vermessenheit hieße, sondern um die
Wandlung der Anschauungen zu bezeichnen,
sei an die berühmteste Darstellung des Themas,
an Rembrandts „Faust" erinnert. Bei dem
Modernen spricht jede Linie für sich, selbst
die Art, wie die ganze Gestalt in die hohe,
schmale Platte gebahnt ist, die denkbar größte
Vereinfachung herrscht in bezug auf den
Raum; bei Rembrandt Unterordnung aller Linien
zugunsten einer durch das Licht gestalteten
malerischen Wirkung; genrehafte Schilderung
des Raumes, in dem sich der anekdotisch auf-

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