Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 36. Band.1917
Seite: 164
(PDF, 113 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_36_1917/0192
umsichtig Bedacht
genommen war.

Künstlerische
Ausformungen in
gegossenem Eisen
sind nicht erst eine

kunsthandwerkliche
Prozedur des
beginnenden neunzehnten
Jahrhunderts
, im besonderen
der Zeit der Befreiungskriege
, wie
vielfach gemeint
wird. In sogenannten
„Waldhütten"
wurde Eisen seit
dem ausgehenden
15. Jahrhundert gegossen
. Im 16. und

17. Jahrhundert
ging der Eisenguß
im kunsthandwerklichen
Sinn mit
dem Geschützgießen
Hand in Hand.
Als schöne Erzeugnisse
des 16., 17.
und 18. Jahrhunderts
sind uns die

eisengegossenen, erfindungs- und gestaltenreichen
Ofen- und Kaminplatten erhalten. Ihr
Guß vollzog sich in der Weise, daß die mit
figürlichen, heraldischen oder ornamentalen
Darstellungen geschmückte Seite des Modells
in mit Lehm durchsetzten Sand gepreßt wurde
und daß nun in dieses horizontal gelegte Negativ
das flüssige Eisen hineingeleitet wurde.
Man gewann auf diese Weise die einseitig dekorierten
Platten, die bald in höherem, bald in
flacherem Relief oft ungemein packende Darstellungen
zeigen. Besonders häufig kommen
biblische Motive vor; Absalom oder David mit
der Harfe, das Oelkrüglein der Witwe oder
die Hochzeit von Kana sind beliebte Darstellungen
. Seltener sind Legendengeschichten,
dagegen trifft man heraldische Platten mit teilweise
geradezu meisterhaft ausgeführten, in
üppigem Barockreichtum strotzenden Wappen
zahlreich an. Der klassizistischen Zeit gehören
die antikischen Szenen mit Opfern und
sehr menschlich aufgefaßten und dargestellten
olympischen Gottheiten. Was wir in der Ausstellung
des Bayerischen Kunstgewerbevereins
zu sehen bekamen, war meist einheimisches
Erzeugnis: Bodenwöhr, Obereichstätt, Lohr,
Bergen traten hier hervor. Namentlich Obereichstätt
besitzt Tradition und hier scheinen beson-

GUSZEISERNE OFENPLAITE, 1785

ders geschmackvolle
und mit originaler
Begabung

ausgezeichnete
Modellmeister am
Werk gewesen zu
sein. Bei den Obereichstätter
Erzeugnissen
allein kann
man so etwas wie
eine stilistische Entwicklung
, die sich
etwa dreiviertel
Jahrhundert hindurch
an Hand bemerkenswerter
Erzeugnisse
feststellen
läßt, verfolgen
. Ziemlich früh
ist eine in Obereichstätt
gegossene
Kreuzigungsgruppe
in Hochrelief: der
Kruzifixus, Maria
und Johannes— die
Gestalten im Charakter
des besten,
noch nicht dem
Verfall entgegentreibenden
Rokoko,
die Gebärden bewegt und gelöst, dabei den
Eisencharakter nicht verleugnend. Der Schöpfer
dieser Gruppe ist der fürstbischöflich
Eichstättische Hofstatuarius Breitenauer, der
um die Mitte des 18. Jahrhunderts seine
besten Arbeiten schuf. Aus dem Ende des
gleichen Jahrhunderts stammen die kleinen
Reliefs mit Jagd- und Schäferszenen, mit der
Madonna auf der Mondsichel, mit Putten und
Handwerkszeichen; letztere wurden an den
Haustüren angenagelt und bezeichneten so
das Handwerk und den Beruf des Hausherrn.
Die kleinen Reliefs, die man um wenige
Kreuzer kaufen konnte, blieben lange im Gebrauch
und wurden auch teilweise neu modelliert
, so daß manche Motive in Rokoko-
wie in Biedermeierfassung vorkommen. Außer
in Obereichstätt wurden diese hübschen,
schmucken Kleinkunstwerke auch in den übrigen
bayerischen Hüttenwerken gegossen, in
Amberg, Bergen, Bodenwöhr und Sonthofen.
Besonders aber tat sich das württembergische
Hüttenwerk Wasseralfingen in Arbeiten dieses
Charakters hervor; hier hob der in den
Diensten des Hüttenwerks stehende hochbegabte
Bildhauer Weitbrecht die Reliefs geradezu
auf einsam künstlerische Höhe. Kehren
wir zum Obereichstätter Werk zurück, so

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