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F. H. EHMCKE-MÜNCHEN
Wer wie Ehmcke gewohnt ist, mit den feinsten
Abmessungen und Abwägungen zu rechnen
, wer dessen vielseitige Versenkungsfähigkeit
kennt, wird von der Innengestaltung noch mehr
erwarten, als das Äußere verspricht. Der Bauherr
war kultiviert genug, ein so ausgeprägtes
Baugebilde dem gleichen Künstler auch im Innern
vollständig zu überlassen. Hier wirkt nun
die wiederholt betonte Klassik Ehmckes noch
klarer und strenger, ohne der notwendigen Innerlichkeit
und Wärme zu entbehren. Es ist
eine sonnige, gesunde, aufrechte Art, die das Geräumige
, Klare und Hygienische zur Schönheit
und Wohligkeit für Leib und Geist werden läßt.
Die weite, praktische und edelräumige Innenaufteilung
zeigt der Grundriß (Abb. S. 66).
Die Diele reicht durch zwei Geschosse und erschließt
oben wie unten den Zugang nach den
verschiedenen Räumlichkeiten; zugleich wirkt
sie als Lichtspender (Abb. S. 75). Die antikische
Wandteilung und ihre Färbung hat nichts
Archaisierendes. Sie ist mehr ein zufälliger
Gleichklang bei verwandter Grundstimmung;
aber wie nordisch anders spricht schon die
Galerie.
Im Ostflügel schiebt sich zwischen die Zimmer
des Herrn und der Frau ein Musikraum so
ein, daß alle drei Räume mühelos ineinander-
HERRENHAUS NEUMÜHLE: SÜDSEITE (GARTEN)
gleiten und für große Gesellschaft verwendbar
werden. Die mit gelblichem Stein bekleideten
Pfeiler sind von schwarzen Kapitälen bekrönt.
Mit den grünen Wänden ergeben sie eine getragene
Stimmung. Der strenge gemusterte Parkettboden
, die reiche Stuckdecke und der große
Kronleuchter spenden dem Raum die Pracht
reicher Geselligkeit (Abb. S. 76). Die Mahagonimöbel
sind in ihrer knappen, bestimmten
Form dem Ganzen angemessen und zeigen in
der Kaminecke ihre angenehme Verwendbarkeit
(Abb. S. 77). Das Herrenzimmer hat eine bis
in Türhöhe eingebaute Bücherei, deren Schränke
mit langgestreckten Ledersofas wechseln.
Im westlichen Flügel liegt der geräumige
Speisesaal, dessen Wände und Decke in quadratische
Leistenfelder mit Füllungen aufgeteilt sind.
Die Fortsetzung der Diele bildet die Gartenhalle
mit Stichkappengewölbe (Abb. S. 78). Die
Kühle, die hier erwünscht ist, bereiten glasierte
Kacheln und eingelassene Spiegel. Zu ihrem
blitzenden Gefunkel fügt sich der Reflex des
kleinmustrigen Parkett. Die Schränke bergen
wertvolles Porzellan, das durch seine feurigen
Tinten den Glanz mit Farben glühend durchsetzt
. Was draußen in der Natur herrlich sich
sonnt, das blinkt hier in den gedämpften Strahlen
der Kunst. Jos. Popp
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