Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 40. Band.1919
Seite: 368
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anny hy st ak-berlin m goldene anhänger mit spanischem topas. grünem

opal und brillanten

mittelalterlichen Kirchenbauten. Ja die Grenzen
zwischen ausklingendem romanischen und
beginnendem gotischen Stil sind so flüssig, daß
wir uns gewöhnt haben, von einem besonderen
Übergangsstil zu sprechen, wie er sich in den unvergeßlichen
Bauten des Klosters Maulbronn in
ganz besonderer Pracht zeigt. So schwer fiel es
dem deutschen Baugeist, gerade auf dem Höhepunkte
seines Schaffens, feste
Typen auszubilden.

Nicht anders das Straßenbild
der deutschen mittelalterlichen
Stadt. Wie sehr schon
das einzelne Gebäude mit seiner
starken Vertikale das immer
auf die Horizontale eingestellte
Auge des klassisch
orientierten Beschauers verletzen
muß, zeigt jener Ausspruch
Schopenhauers. Und
nun erst die Straße als Ganzes
. Ihre leisen Krümmungen
lassen stets nur einen kleinen,
abgeschlossenen Ausschnitt
sehen, der ständig wechselt und
ununterbrochen neue Bilder
bietet. Lauben und Erker unterbrechen
die Häuserfront, das
Gewirr und Auf und Ab der
spitzen Giebel lassen das Auge
des Beschauers auch nicht einen
Augenblick zur Ruhe kommen
. Man vergleiche damit die
Straßen italienischer Städtemit

anny hystak 13

ihren geschlossenen Fassaden, blassem gold m.

ihren flachen Dächern, ihren geraden Zügen.
Welche Ruhe, Unveränderlichkeit, Monumentalität
spricht sich hier aus, wie stark tritt der
Seinscharakterdes klassischen Weltbildes zutage!
Und nun wird das Straßenbild der deutschen
Stadt noch weiter dadurch belebt, daß die verschiedenen
Stile wechseln, neben dem gotischen
Hause ein Barockbau, daneben wieder ein Gebäude
in deutscher Renaissance
sich erhebt. Von einer Störung
ist hier so wenig die Rede,
daß das Ganze hiervon sogar
eine unbedingte Bereicherung
und Belebung erfährt.

Es gibt ein Stadtbild in
Deutschland — sicher ist es
nicht das einzige — in dem
dieser Stilwechsel als Träger
einer besonderen Idee erscheint
. Das Rothenburger
Rathaus besteht aus einem
älteren gotischen Trakt mit
spitzem hohen Giebel, einem
in mächtigem Trotz sich erhebenden
Turm und einem Anbau
in deutscher Renaissance
mit breitem Treppenaufgang,
heiterer Vorhalle und zierlichem
Erker, Giebel und Portal
. Einen stärkeren Gegensatz
zwischen herber, selbstbewußter
Kraft und heiterer, lebensfroher
Pracht gibt es nicht.
Und das Besondere liegt we-
mondsteinen mger darin, daß dieser Gegen-

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