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ph. o. runge
das nachtigallengebüsch
PHILIPP OTTO RUNGE
Drei Kräfte sind es, die zu Runge hinziehen:
das schenkende Herz mit seiner alles erwärmenden
Güte — der sonnenhafte Blick, der
das Liebesspiel von Licht und Farbe belauschte
—- die feinfühlige Schöpferhand, die allerreich-
sten Gehalt zu Denkmalgröße hinzuformen
verstand.
Von seiner Kunst haben einige sich so entzückt
gebärdet, daß andere glaubten, abmahnen
zu müssen. Was ihm fehlte, läßt sich leicht
nachweisen. Was an ihm sehr groß, sehr bedeutend
ist, sieht jeder Verständige. Aber die
echte und notwendige Kunstgeschichtfrage: woher
kam ihm das ? hat eigentlich noch keiner
gestellt.
Über Aufbaukraft und Linienausdruck kann
man reden; auch über Licht und Farbe. Was
von seinem Herzen zu sagen wäre, kann man
nicht „darlegen", nur ahnen lassen. Es ist allgegenwärtig
und paßt nicht als schematischer
Posten in eine Aufsatzgliederung. Hier — aber
nur hier — ist Runge romantisch; ohne darum
ein Vollblutromantiker zu werden, wie man
wohl gemeint hat. Wer ihn so kennen lernen
will, muß sich in die zwei Bände der „Hinter-
lassenen Schriften" versenken . . .
„Licht, Farbe, bewegendes Leben!" Diese
drei Forderungen, die Runge früh in den Mund
gelegt wurden, haben dazu geführt, in ihm
einen Vorläufer des Impressionismus zu erblicken
und ihn — das ist jetzt wohl von
allen eingesehen worden — damit gänzlich zu
verkennen. In seinen Lichtstudien bewährte
sich das Finderglück der Selbstbelehrung. Aber
auch die unnützen Qualen zeiträuberischen
Autodidaktentums lassen sich bei Runge —
dem ja die Zeit so kurz bemessen war — nur
allzu deutlich miterleben. Gewiß : die Hülsen-
beckschen Kinder, die Ruhe auf der Flucht
und ein Bruchstück des „Morgen" sind ebenso-
viele Zeugnisse seiner angestrengten Bemühung,
malen zu lernen — malen, wie nur je ein Frei-
ph. o. runge q umschlag zu costenobles theateralmanach 1809
Die Kunst ftir Alle. XXXV. 5/6. Dezember 1919 85 12
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