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eingestreut sind, oder ob das Bild für sich allein
auftritt.
Ist auf diese Weise eine vollständige Lösung
des inneren Buches gefunden, so bedarf es noch
der künstlerischen Gestaltung des äußeren Gewandes
, wobei es wiederum auf das Taktgefühl
des Buchkünstlers ankommt, in wie weit es
ihm gelingt, sich in der physiognomischen Auswertung
als psychologischer Meister zu bewähren
. Denn wie sich in den Gesichtszügen die
Seele des Menschen widerspiegelt, soll auch
der Bucheinband das Wesen des von ihm umschlossenen
geistigen Inhaltes
verkünden. —
Die lange Einleitung mag
dem Leser vor Augen geführt
haben, wie mannigfaltig
die Probleme sind,
die sich dem Künstler hier
eröffnen. Es bedarf eines
überaus regen Geistes und
gefestigten Charakters, um
ihnen allen gerecht zu werden
. Ist auch die Schar
derer, die in den letzten
Jahrzehnten hervorragende
Buchwerke geschaffen haben
, groß und zählen hierzu
die bedeutendsten Namen
unserer Künstlergeneration
, so können doch nur
wenige — da die meisten
sich nur gelegentlich dieser
Betätigung gewidmet haben
— ein so reiches Werk auf
diesem Gebiete aufweisen,
wie Emil Preetorius, dessen
Schaffen wir an Hand eines
EMIL PREETORIUSH PORTRÄTKARIKATUR
PFITZNER □
Verlag „Die Drei1', München
reichen Abbildungsmaterials unsere weiteren
Erörterungen widmen wollen.
Preetorius gilt heute trotz seiner jungen
Jahre als einer der hervorragendsten Buchkünstler
, dem sich an Mannigfaltigkeit und
Fülle des im Verlaufe kurzer Zeit Geschaffenen
kaum ein anderer zur Seite stellen kann. Mit
jugendlichem Eifer hat er all die eingangs erörterten
Probleme aufgegriffen und in einer von
erstaunlicher Spannkraft getragenen Arbeitsfreudigkeit
durchzusetzen versucht, indem er
als der geborene Graphiker, ausgestattet mit
einer reichen Vorbildung,
sich diesen Fragen mit besonderer
Liebe hingegeben,
dabei aber auch eine reiche
Ernte auf verwandten Gebieten
— wie in der Plakatkunst
, dem Exlibris und in
der Karikatur zu verzeichnen
hat.
Bereits in seinen ersten
Werken, mit denen er seine
künstlerische Laufbahn eröffnete
, nachdem er als
Dr. juris die Universität verlassen
hatte, lenkte er durch
sein selbstsicheres Auftreten
die Blicke auf sich. Nach
einer kaum nennenswerten
Lehrzeit stellte er sich, gestützt
auf die ihm nachahmenswert
erscheinenden
Vorbilder, auf eigene Füße,
indem er von allem Anfang
an nie in ein gar zu weit
gehendes Abhängigkeitsverhältnis
zu diesen geriet
Die Kunst für Alle XXXV.
IOg
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