Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 41. Band.1920
Seite: 180
(PDF, 126 MB)
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AUGUST GAUL

BÄR (BRONZE)

den Form erreicht, die ebenfalls die billige
Natürlichkeit des Fells in das Leben der Form
aufgehen ließ. Gegenüber Barye ist Gaul der
Klassiker. Die einfache Existenz des Körperlichen
genügt ihm zur vollen Charakterisierung.
Sein Löwe ist König der Tiere durch jenes
Maß von Bewegung, durch jene eine Kraft
des gehobenen Kopfes, die wir nur menschlich
als Beherrschung seines Temperamentes, als
Wille auffassen können. Aus einer Formvorstellung
, in die hinein sich alle einzelnen Äußerungen
des momentanen Lebens, alles Motivische
als Lebensvorgang haben einordnen
müssen, gestaltet Gaul seinen „bewußten" Löwen
. Nicht durch einen bedeutenden dramatischen
Vorgang, sondern durch die große Form
einer ruhenden Existenz, strahlt er Macht aus.
Macht ist Bindung. Gauls ganze Formensprache
ist darauf angelegt. Mit hoher Ökonomie
gebietet er dem anatomischen Skelett
der Tiere Bindung unter der Haut; doch nicht

unter jener Haut, die eine Suggestion des Fells
oder Gefieders anstrebt, sondern die Form geworden
ist und in stiller Zusammengehörigkeit
sich zu einem Kubus ordnet. Nirgends stärker
spricht diese Ökonomie der Mannigfaltigkeit
der Natur gegenüber als in der Darstellung
des Federviehs; dessen großartigster Gestalter
Gaul geworden ist. Seinen Gänsen,
Enten, Käuzen und Pinguinen, jedesmal neu,
hat er ihre eigene Formenexistenz gegeben.
In großer und einfacher Silhouette, die jede
unnötige Lockerung meidet, bindet er die
Flächenstruktur des Kubus. Nur geringste Andeutungen
wie Punktierungen, Auflockerungen,
Kerben usw. werden in weiser Ökonomie mit
dem Gefieder fertig. Hier liegt ein Handwerk
zugrunde, das selten geworden ist. Weiche
unmerklich ineinanderfließende Flächen suggerieren
Gefieder, polstrig rundliche Flächen das
Fell der Fischotter, hart sich hochkantende
Flächen die strubblige Kürze des Bärenpelzes.

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