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GARTENARCH. FR. GILDEMEISTER-BREMEN
GARTENHAUS IM HAUSGARTEN M. IN BREMEN
GÄRTEN VON FR. GILDEMEISTER, BREMEN
Wie ein Gefühl der Erlösung wirkt es, zu
sehen, wie die deutsche Künstlerschaft — trotz
all der inneren und äußeren Wirren — immer
wieder Zeit zum Aufatmen findet und den Augenblick
für gekommen erachtet, der Mitwelt zu
zeigen, daß es gilt, das höchste Werk der Menschen
, das „Kunstwerk" wieder in seine wichtige
Stellung einzusetzen.
Auch der Gartenarchitekt Fr. Gildemeister
zeigt,wie unsere Abbildungen dartun, daß er selbstsicher
und zielbewußt seine Arbeit dort wieder
aufnimmt, wo er sie während des Weltkrieges
liegen lassen mußte. — Gildemeister entstammt
einer alten Bremer Patrizierfamilie, und seine
Kunst trägt das Gepräge dieser Traditionen. Freilich
besitzt Bremen aus der Zeit seiner Hochblüte
keine öffentliche vorbildliche großzügige
Gartenkunst, da es in jenen Tagen eine engumgrenzte
, zusammengedrängte Festung war,
die viele und heftige Kriege erlebte. Als es nach
Schleifung der Befestigungen sich weiter ausdehnte
, entstanden die geschmackvoll angelegten
Wallanlagen, in denen sich wie auch in dem später
vor den Toren der Stadt angelegten Bürgerpark
und den Privatgärten jener Zeit das englische
Gartenprinzip geltend machte, das auf Naturalismus
, verbunden mit einer gewissen betonten
Romantik beruht und den individualistischen
Bestrebungen Rechnung trägt.
Gildemeister aber strebt in erster Linie nach
dem Typus, dem Stil, ohne dabei jedoch in eine
mechanische Auffassung des Typus zu geraten.
Geometrisches Empfinden und phantasievolles
Gestalten sucht er harmonisch zu vereinen; und
wenn ich vorhin sagte, daß seine Kunst das
Gepräge altbremischer Traditionen hat, so sollte
damit zürn Ausdruck gebracht werden, daß ihr
alles parvenühaft Emporgetriebene fernliegt,
und daß ihr eine saturierte alte Kultur zugrunde
liegt. Ein wohlhäbiges, geradegewachsenes, mitunter
etwas steif-würdevolles Bürgerbewußtsein
mit distingiert aristokratischem Einschlag kommt
in seinen „bremischen Gärten" (und auch dem
„Kasseler") zum Ausdruck. Nicht Unermeßlichkeit
des Raumes wird pathetisch vorgetäuscht,
keine romantische Empfindelei gepflegt, sondern
eine ruhige Sachlichkeit, eine gemessene, architektonische
Abgeschlossenheit angestrebt. Diese
Gärten sind in möglichst engem Anschluß an
die Architektur der betreffenden Wohnhäuser
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