Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 42. Band.1920
Seite: 229
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MARGA JESSnBROSCHE. GOLD M. FEUEROPALEN

GOLDSCHMIEDE-ARBEITEN VON MARGA JESS-LÜNEBURG

Schmuck sollte mehr als jeder andere, nicht
dem unbedingten nötigen Gebrauch des täglichen
Lebens dienende Gegenstand etwas Individuelles
, Persönliches an sich haben; denn eine
schöne Keramik, ein wertvolles Glas wird sich in
jedem anständigen Zimmer, neige es nun mehr zu
einem ornamental reich ausgestatteten Genre oder
betone es die einfache Linie, durchsetzen. Schmuck
kann aber oft gerade das Gegenteil von dem bewirken
, was seine Aufgabe sein sollte. Oder wird
etwa die breite Goldkette der Venezianerin der
Renaissance eine heutige schlanke Modeschönheit
besonders zieren ? Und außer der Form gilt es
auch noch die dominierende Farbe des Geschmeides
mit Geschick zu dem Teint der Trägerin abzustimmen
. Daß heute der Solitär, die matte Perlenkette
sich fast ausschließlicher Beliebtheit als
Schmuckstücke erfreuen, hat sicher außer ihrer
Kostbarkeit auch seinen Grund in ihrer ziemlichen
Neutralität, die sie sich allen Verhältnissen des
normalen menschlichen Körpers anpassen läßt
und so die Trägerin der Qual der Wahl enthebt
. Fast auf keinem Gebiete ist deshalb auch
das Ringen des modernen
Kunsthandwerks
mit der Industrie so
schwer wie gerade hier;
denn das erstere will
Einzelobjekte herstel-
len.künstlerischeHand-
arbeit in vollendeter
Qualität, einmal erdacht
und nicht für die
Massenverbreitung bestimmt
, während das
Kennzeichen der Industrie
gerade die Mas-

MARGA JESS 0 BROSCHE. GOLD UND PLATIN
MIT TURMALIN UND BRILLANTEN

senproduktion ist. In diesem Ringen um eines
der künstlerischen Probleme unserer Zeit ist es
nun aber charakteristisch, daß der Goldschmied
in zahlreichen Fällen zum Silber als Schmuckmaterial
greifen mußte, auch schon vor dem
Kriege, nicht wegen der ja auch ganz bedeutenden
schmückenden Eigenschaften dieses Metalls
, sondern hauptsächlich, weil ihm die Unterstützung
in seinen Bestrebungen nicht vom
großen Reichtum, sondern mehr aus den Reihen
eines geschmackvoll empfindenden Mittelstandes
kam.

Die Eigenschaften, die die Arbeiten von Marga
Jeß mit der Vergangenheit verknüpfen, sind die
aller echt kunstgewerblichen Tätigkeit gemeinsamen
. Bedeutungs- und geheimnisvolle Beziehung
möchte man gerne da sehen, wo doch anscheinend
nur ein Spiel des neckischen Zufalls
vorliegt, wenn man hört, daß diese Arbeiten
aus Lüneburg stammen, der Stadt, deren schönes
Ratssilber noch heute jedem Besucher des
Berliner Kunstgewerbemuseums ein eindrucksvolles
Bild deutschen Kunstfleißes, handwerklicher
Geschicklichkeit
und Tüchtigkeit, aber
auch deutscher bürgerlicher
Wohlhabenheit
vermittelt. An eine jener
in ihrer schlichten
Einfachheit so wertvollen
Kästen der Renaissancezeit
denkt man
unwillkürlich bei einer
Schmucktruhe aus
der Werkstätte Marga
Jeß. Kein übertriebenes
Prunken, kein Wirken

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