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CARL FRIEDRICH SCHINKEL
DER MORGEN
SCHINKEL ALS LANDSCHAFTSMALER
Zeitgenossen spendeten dem Landschaftsmaler
Schinkel uneingeschränktes Lob. Man fühlte
in seiner Auffassung von der Natur einen wesentlichen
Teil der künstlerischen Sehnsucht
der Zeit in reinster Gestaltung sich kristallisieren
. In der Tat scheinen auch diese Schöpfungen
dem großen Baumeister alle Energien,
die seinem geistigen Dasein so eigentümlich
sind, gelöst zu haben. Das starke Bewußtsein,
die anschauenden Gemütskräfte eines Volkes zu
bilden, die Großheit seines Willens im Schaffen
zu dienen, sie sind nicht nur Momente der
baumeisterlichen, sondern auch seiner malerischen
Phantasie. Ja es scheint sogar, daß der
Landschafter Schinkel dem Baumeister die Wege
geebnet hat, den sein Genius zu gehen sich gesetzt
hatte. Wenn der vergangenen Generation
in dieser Naturauffassung vieles „gelehrt" erschienen
sein mag, so könnte in unseren Tagen
die Einstellung auf eine Idee, die Schinkels
künstlerische Phantasie beherrscht, manchem
Verständnis wieder begegnen.
Das Bauwerk als Bild zu denken, zu sich
selbst wie auch zu seiner Umgebung, war ein
Stilmoment des 17. Jahrhunderts. Das 18. Jahrhundert
trug hierzu nicht prinzipiell Neues
hinzu, wohl aber einen Reichtum an individuellen
Einzellösungen, die dem akademischen
rationellen Zug des 17. Jahrhunderts nicht gegeben
waren. Weniger als Stilform denn als
Lösung wollen die Entwürfe des jüngeren Gilly
gewertet werden. Nicht tritt die Situation als
starres Dogma auf, das dem Einzelkubus sein
Maß diktiert, sondern jene klingen zum Ensemble
zusammen. Beherrschende malerische,
nicht geometrisierende Faktoren schaffen das
Baubild. Hier liegen des jungen Schinkels entscheidende
Eindrücke. Wie Bauwerk und Umgebung
, Denkmal und Platz gleiche Teile eines
Bildes sind, in welchem die Idee des Ganzen
sich erhebt, so soll auch die Landschaft als
Denkmal sich symbolisieren bei Schinkel, wie
ähnlich eine ganze Epoche in den Entwürfen
zum Friedrichsdenkmal bei Gilly. So wird sein
Die Kunst für Alle XXXVI.
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