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OTTO WIRSCHING
SUSANNA. II. FASSUNG
OTTO WIRSCHING
Es ist nicht sehr lange vor dem Krieg gewesen
, daß in den Ausstellungen der Münchner
Secession und der Münchner Kunsthandlungen
Bilder meist kleinen Formats auffielen,
die ganz anders als die meisten andern waren
und eigentlich nur die Erinnerung an einen einzigen
Meister von Rang — Albert Welti —
wachriefen. Man muß aber denen, die vor diesen
Bildern den Namen Welti aussprachen oder
auch nur an ihn dachten, daraus keinen Vorwurf
machen. Denn die Verwandtschaft schien
so groß beziehungsweise so nahe und unzweifelhaft
, daß man ein gutes Recht zum Vergleichen
zu haben glaubte. Aber es bewährte sich
auch in diesem Falle wieder einmal, was bei
ähnlichen Anlässen immer wieder festgestellt
werden muß: daß es durchaus keiner direkten
Beeinflussung bedarf, damit solche Parallelen zustande
kommen. Von Otto Wirsching, dem
Maler der erwähnten Bildchen, ist jedenfalls
erweisbar, daß er schon um 1913 in seiner
später allgemein bekannt gewordenen Art zu
malen begonnen hat, aber vor 1917, in welchem
Jahre er die Kunst Weltis eigentlich erst kennen
lernte, so gut wie nichts von ihm gekannt hat.
Es liegt eben hier ein allerdings ganz besonders
beweiskräftiges Beispiel für die Tatsache
vor, daß solche „Verwandtschaften" sich ganz
von selbst auch dann ergeben können, wenn
bei zwei (oder mehreren) Künstlern die künstlerisch
-menschlichen Voraussetzungen, unter
denen Kunstwerke zu entstehen pflegen, die
Die Kunst für Alle. XXXVI. Dezember 1920
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