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ERNST WENCK
Epochen empfanden wir weniger die Vorbilder
als die Analogien für unser Formbestreben.
Ich sage wir — weil ich mir bewußt bin,
daß diese Empfindungen und Erlebnisse in mir
allen ernst strebenden Bildhauern unserer Zeit
eigen sind. Wie ich diesen Formwillen habe,
so hat dieser Formwille mich und so hat er
viele.
Es ist die Aufgabe jedes einzelnen Künstlers
, diesem Willen in der Gestaltung zu gehorchen
, solange er ehrlich arbeitet.
Zudem hat sich mir die Vereinfachung der
Form nicht zuletzt aus dem Handwerk selbst
ergeben. Der Stein ist hart, er läßt aus der
Hand heraus eine Kompliziertheit nicht zu.
STUDIE, JÜNGLINGSKOPF
Das Herstellen eines Modells aber und das
Übertragen in Stein verhindert schon das eigene
Sichgestalten der Form aus dem Stein heraus.
Dieses Material kommt dem Formwillen sehr
entgegen, — es ist ja alles darin — und die
Vorstellung steht nicht in der Luft wie beim
Modellieren. Es ist eine Freude, die Form
sich so dem Unnötigen entwachsen zu sehen.
Allerdings läßt sich schließlich nicht nur
das Papier, sondern auch der Stein alles gefallen
.
Anders und ähnlich ist es mit der Bronze;
hierfür wird frei modelliert, denn in der Freiheit
der Anordnung der Glieder entfaltet sich
die Bronzeform und -— in der Bearbeitung der
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