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MAX SLEVOGT
FRÄULEIN ST.
„Ha! das ist etwas: Löwen mit Händen
greifen! Aber mit unbewehrten Händen. Das
tun nämlich die Kaffern: die schwarzen Kaffern
auf gelbbesonntem Sandhang greifen einen
Löwen. Au! die Kaffern sind stark, aber der
Löwe ist noch viel stärker, der ist wirklich
furchtbar stark. So ein Schlag mit der Pranke:
da fließt Blut. Es gibt offene Bäuche. Aber die
Kaffern kriegen das Biest doch unter. Wenn
sie nur alle zugreifen. Und das tun sie, wie man
in Brennesseln greift!"--(Siehe die farbige
Abbildung.)
Wer hat diese fabelhafte Szene ausgedacht,
der Barockvirtuose, der einen wildbewegten
Glieder- und Leiberknäuel — zu seiner Lust und
zur Lust der anderen — den Berg herabrollen
sehen will, oder das Kind, das sich auf Flügeln
der Indianergeschichte wirklichen Räubern und
Schiebern zu entziehen sucht?
Es ist etwas Seltsames mit den guten Malereien
von Slevogt. Sie verschwinden, wenn sie
fertig sind. Auf dem Markt findet man sie spärlich
. Wo sind sie also? In den Häusern der
Liebhaber. Wer diesen Meister verstanden hat,
läßt ihn nicht mehr los. Darin liegt das Geheimnis.
Slevogt malt nicht für den Markt, er malt für
Freunde, für die Verstehenden. Oder besser: er
malt, und die Freunde nehmen ihm die Sachen
weg. Blitzschnell, ehe sie einer gesehen hat.
Wir können hier die Kunst eines großen
Die Kunst für Alle. XXXVI
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