Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 43. Band.1921
Seite: 96
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MAX SLEVOGT

KLEINE WEINLESE II

das in irgendeinem Vorleben erlebt hätten:
dieses drohende, in lauter Schwarz sich aufreckende
Kreuz, die toten Menschen und die
lebendigen Kerzen. Man denkt an Knut Hamsun,
bei dem Gespenstiges so oft die zarte Oberfläche
des Sichtbaren durchbricht. Natürlich erfolgen
Entstofflichung, Verstärkung, Verbeweglichung
nicht um ihrer selbst willen, sondern in einer
ganz bestimmten, dem Gesamtausdruck innewohnenden
Richtung, die vom Menschentum
des Künstlers eingegeben ist: bei Slevogt heiße
Freude am Leben, das so bunt und strahlend
ist, und dann plötzlich, irgendwie tief aus dem
Innersten aufklingend ein: „Ach, ich bin des
Treibens müde!" Aber die schwermütige Einsicht
führt nicht zur Verbitterung und Grauheit.
Die Farbe bleibt. Nur einige Male überwiegt das
Leid. So in der erschütternden Zeichnung zu dem
Liede „Schön ist die Jugend, sie kehrt nicht mehr".

In dem Selbstbildnis von igio (Abb. S. 84)
ist das Heitertrübe der Natur des Künstlers
klar zu fassen. Ringsum Sommer, grün-goldenes

Gefunkel, rote Blumen, dann aber in den Augen,
in allen Zügen etwas von der Rembrandtweis-
heit: „Wozu das alles, wer begreift es? Und
dennoch —• — —."

Müde, aber voll feiner Geistigkeit der alte
General (Abb. S. 91). Ein Adelsbildnis unserer
Zeit, das sich ähnlichen Repräsentationsdarstellungen
früherer großer Kunstepochen würdig
anreiht. Das allerschönste von Bildnissen jedoch
hat Slevogt erst im letzten Jahre geschaffen
: den ruhenden Wanderer auf dem
Berggipfel (Abb. S. 83). Die Aufgabe, Persönlichkeit
einzukreisen und zu verdichten, kann
im Freien, wie mir scheint, nur so gelöst werden
, daß Landschaft und Mensch in eins verschmelzen
, oder besser, daß der Mensch im
Gesamtbilde der dargestellten Natur als Brennpunkt
und höchste Zusammenfassung der wirkenden
Kräfte erscheint. Dies ist dem Künstler
bei dem ruhenden Wanderer gelungen. Ich
kenne nichts, was dem Bilde im Hinblick gerade
auf diese Aufgabe ebenbürtig wäre.

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