Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 43. Band.1921
Seite: 98
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Aus strömender Lebensbejahung heraus entstanden
unbeschreibliche Blumenstücke (Abb.
S. 87, 92). In mächtige Haufen bald zarter, bald
gierig leuchtender Blüten webt Slevogt seine
eigene Zartheit, Lebensfreude und Rassigkeit
hinein. Wohl ist hier unerhörter Farbengeschmack
, aber das Wesentliche ist nicht dieses
köstliche Blau, jenes Graugrün oder das berauschende
Hin und Her zwischen einem Dutzend
von heißen Tönen vom hellen Gelb bis
zum tiefen Purpur. Das Wesentliche bleibt
auch in einem solchen Werke die Lebensbejahung
, die fast nicht zu bändigende Freude
an dem Segen der Welt. Im Wettkampf mit
Manet erscheint der Künstler in dem kleinen
Bilde „Maiglöckchen mit Flieder im Kristall",
eine der vollendetsten Schöpfungen, die ihm
gelungen sind (Abb. S. 93).

Der „Segen der Welt" ist Slevogt vor allem

farbig, besteht in hellem Licht, in weit gedehnten
Ebenen, in verschwimmenden Bergkuppen,
in Kindern, Obstbäumen, Tieren, Blumen und
saftigen Früchten.

Es ist nur wenigen Menschen gegeben, im
Zeitlichen zeitlos zu erkennen und zu werten.
Gewiß liegen in der Hingabe an die letzten
großen Impulse irgendeiner Gegenwart Bürgschaften
für die sichere Erfassung entstehender
Werte. Größer aber scheint mir die Fähigkeit
, das Werdende zu lieben und sich trotzdem
bei aller Hingabe an das Leben den Blick
für Gewordenes, das nur zurückweicht, weil
die Zeiten sich ändern, nicht trüben zu lassen.
Der Abstand, den die Bewertung Slevogts fordert
, ist so groß, daß technische Prozeduren
verschwinden und nur noch Seelisches aus dem
Rahmen tritt.

F. Wiehert

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