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die in seinem Elternhause zu Freiburg im Breisgau
herrschten. Der Vater, dem Berufe nach
Offizier, malte mit einem Schüler Canons, den er
durch einen Zufall kennengelernt hatte, Köpfe
nach der Natur, die den Beifall des gestrengen
Lehrmeisters fanden. Und mit Staunen stand
Fritz neben beiden, voll Begier, es ihnen gleichzutun
.— Die Versetzung der Familie nach Berlin
im Jahre 1883 brachte dem heranwachsenden
Knaben erwünschte Möglichkeiten, sich selbst
in der Kunst zu versuchen; sie gipfelten später
in der sonntäglichen Unterweisung durch
einen Maler Striowski. Ein weit bedeutsameres
Ereignis aber als die Übersiedelung nach Berlin
und Danzig, die ihr folgte, bildete im Entwicklungsgang
des Kunstbeflissenen der Weggang
des Vaters von Berlin nach Kassel. Dort fand
der Sohn Gelegenheit, in die Malklasse des Akademie
-Direktors Louis Kolitz einzutreten. Damit
ist gesagt, daß der junge Maler einen besseren
Lehrer kaum hätte finden können. Kolitz
besaß nicht bloß gute Eigenschaften, deren sich
auch andere Akademiedirektoren rühmen konnten
, wie Talent zum Zeichnen und Fleiß, sondern
eine ungewöhnliche Fähigkeit, malerische
Eindrücke zu erfassen und wiederzugeben. Beständig
wiederholte Versuche führten Kolitz in
die Technik und den Geist der alten Niederländer
ein. Hierbei leistete ihm Fritz Rhein willig
Gefolgschaft und bahnte sich so den Weg zu den
großen holländischen Malern des 17. Jahrhunderts
, die auch heute noch für ihn unerreicht
dastehen. Rembrandt und Frans Hals, diese
beiden Namen sind für ihn das Alpha und
Omega jeder guten Malerei. Der dämmernden
Erkenntnis jedoch von ihrem Wesen vermochten
Auge und Hand des Adepten noch nicht nachzukommen
. Rheins eigene Bilder aus seiner
Kasseler Zeit sind zäh und schwer in der Farbe
und befangen im Ausdruck, aber man merkt,
wie der junge Vogel die Flügel reckt und zum
Schwung ausbreitet.
Da drang seltsame Mär aus des Reiches Hauptstadt
nach Kassel. Man hörte von Freilicht und
vom Malen in Gottes Natur und sah mit Staunen
Werke, die im Freien gemalt waren. Damals
noch hoffte Fritz Rhein in München das
gelobte Land zu finden und wandte 1893 seine
Schritte dorthin, aber er suchte vergebens, was
ihm fehlte, denn in München hatte die neue
Anschauung noch keine Wurzel gefaßt. Doch
blieb Rheins Aufenthalt an dieser Stätte nicht
ohne Wirkung. Von moderner deutscher Kunst
interessierte ihn am meisten Leibi; der Schwede
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