Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 43. Band.1921
Seite: 218
(PDF, 71 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_43_1921/0258
als ein „Kolorieren" zur Seite zu schieben versucht
. In Wirklichkeit aber verlangte doch der
Maler in Thoma selbst im Zeichnerischen nach
Farbe. Er wollte nicht bloß mit Helldunkel
malerisch wirken. Thomas eigenartiges Genie,
das sich schon in seinen frühesten, vorkunst-
schulzeitigen Schöpfungen elementar malerisch
äußerte, ist überhaupt noch nicht erkannt —
von Kennern, Liebhabern und Sammlern nicht.
Höchstens das Volk hat eine dumpfe Ahnung
von dem Schatz an Malerei (und Zeichnung),
der ihm von Thoma geboten wird. Mit Staunen
wird jede größere Ausstellung und Zusammenstellung
Thomascher Werke von den Kunstfreunden
begrüßt, mit Entzücken die frohe,
friedliche Farbenwelt genossen, die seelenvoll
und innig, strahlend und olympisch heiter und
doch so weihevoll und würdig dem Beschauer
entgegenleuchtet . .

Nirgends wird diese homerische, heiterfarbige
, von aller Erdenschwere und Handwerkslast
freie Kunst mehr zum Ausdruck gebracht,
als in den Aquarellen und in den kolorierten
oder auch getuschten Zeichnungen. Sie nehmen
im malerischen Schaffen Thomas eine besondere
Stellung ein und ziehen sich von seinen ersten
Künstlerjahren durch sein ganzes Schaffen, das
sie mit den in den letzten zwei Jahren aquarellierten
Drucken bekrönen. Die Aquarelle sind
vielleicht der unmittelbarste Widerschein dessen,
was Thoma im Laufe der Jahre als Natureindruck
aufgenommen, als Stimmung empfunden,
oder als Komposition gebaut und auch als
Augenblickseingebung und Laune auf das Papier
geworfen hat.

Aquarelle sind mit tastenden Ölversuchen die
ersten wirklichen Kunstäußerungen Thomas gewesen
, mit denen der angehende Meister seine
Kraft zeigte. Das schon meisterliche Aquarell
des Geburtshauses seiner Mutter (1861) zeigt
den ganzen späteren Thoma der Landschaft:
die Einfachheit seines Ausschnittes, die harmonische
Farbengebung und die in der Natürlichkeit
des Ausdruckes liegende Poesie. Diese
Unmittelbarkeit der Bildauffassung ergibt sich
aus der Anschauung der Einzelblätter. Ein Überblick
über das ganze Wesen der Thomaschen
Bildgestaltung erschließt aber erst die volle
Schwingungsweite seiner Kunst, in der das Heitere
und das Dämonische, das Spielerische und
das Tiefsinnige, reine Formgestaltung und inhaltvoller
Ausdruck gleichmäßig eingeschlossen sind.
Diese Werke sind nicht so sehr aus dem Ringen
um Stoff, Farbe, Ausdruck und Technik hervorgegangen
, als vielmehr aus der geistigen und
seelischen Überlegenheit des Meisters über all

218


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_43_1921/0258