Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 43. Band.1921
Seite: 224
(PDF, 71 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_43_1921/0264
ten Linienstichen die Grundakkorde zur Sprachmusik
Goethes an und bleibt so in Tonart und
Rhythmus dem Geiste der Dichtung verwandt
und getreu. Aber mehr noch als der Wohllaut
des Zusammenklangs von Bild und Dichtung
berührt die eigene, durchaus ursprünglich und
selbständig erfundene klassische Liniensprache
angenehm. Nicht eine Nachempfindung der
klassizistischen Ausdrucksform vor 100 Jahren,
sondern eine fein und eigenartig empfindende
und gestaltende Künstlerseele war hier am Werk,
um bei aller innern Unterschiedenheit an Kraft
und Wogung der Linienführung doch eine sichtbare
Einheitlichkeit des Ausdrucks zu gewährleisten
. So wendet sich der Künstler mit vornehmer
Gebärde an jene Mitempfinder, die noch
— oder wieder — in reinen und beherrschten
Linienzügen den vollen Gehalt vornehmer Sprache
erfassen und nachfühlen können — ein Vorzeichen
, das aus der künstlerisch verwilderten
Gegenwart in ein besseres Kunstreich hinüberweist
. Die Schottschen Radierungen sind also
höchst beachtlich an sich und als Wegweiser in
künftige Kunst. Außer der glücklich, vornehm
und fein gelösten Bilderfrage verdient auch der
bei Poeschel & Trepte, Leipzig, in schöner, klarer
Fraktur hergestellte Druck alle Anerkennung.
Besonders das dritte Stück, „Der neue Paris",
erzielt mit seinem durchgehends geschlossenen
Satzspiegel eine ebenso vornehme als bildmäßig
ausgeglichene Wirkung. Das ganze Buch, einschließlich
des Einbandes, ist ein bibliophiles
Musterstück — würdig eines Goethe. Dr. Beringer

Burckhardt, Carl. Rodin und das plastische
Problem. Mit 48 Abbildungen. Basel, Benno
Schwabe «Sc Co. Preis geb. M 40. — .

In letzter Zeit mehren sich die Fälle, daß in
Angelegenheiten der Kunst und Kunstgeschichte
Künstler das Wort ergreifen. Ist es ein Symptom?

_Im vorliegenden, gut ausgestatteten Büchlein
untersucht ein Bildhauer „die bildhauerische
Ausdrucksweise und das plastische Problem"
ernst und methodisch in Rodins Gesamtwerk. Und
nicht nur der Kunstliebhaber, sondern auch der
Forscher wird ihm gerne lauschen, auch da, wo
vielleicht kunsthistorische Bedenken anheben.

Der Verfasser geht von der Statue des ,,1'äge
d'airain" aus, die mehr als lediglich nachbildender
Naturalismus sei, und betont, daß seit dem Johannes
d. T. die malerische Flächenbelebung in Steigerung
der Lichtwirkung und gesteigerter Abhängigkeit
vom Lichteinfall zunimmt. Tn den
„Bürgern von Calais", die besonders eingehend
und warm analysiert werden, steigere sich die
Form. Hier könne man, was bei einem typisch
impressionistisch bewegten Werk doch seltsam
erscheint, von einer „Nahform" im Gegensatz zur
„Fernform" des „Denkers" sprechen, der als erster
ganz in Atmosphäre gehüllt erscheine. Nach der
„Stabilität" des „Balzac" hebt schließlich der Verfasser
den „homme qui marche" als Gegenpol zum
,,äge d'airain" hervor. Hier sei das Fragmentarische
bewußt als künstlerisches Ausdrucksmittel neben
dem plastisch Räumlichen verwertet. Hier und in
allen letzten Werken ist ferner nach Ansicht des
Verfassers die Dynamik der Raumform, die Synthese
von Raum, Licht und Bewegung, die Vereinfachung
und damit die Rückkehr zum rein
Formalen gefunden.

Dieser, hier nur flüchtig skizzierte Gedankengang
, der auch Widerspruchvolles enthält, ist mit
gut gewählten, nur oft gar zu kleinen Abbildungen
belegt. Nicht alle Parallelen zur Plastik des floren-
tinischen Quattrocento wird man billigen können,
wohl aber zugeben müssen, daß, wie so viele Franzosen
, auch Rodin im Schatten Michelangelos lebt
und an Carpeaux anschließt.

Am wenigsten überzeugend scheint mir der
Abschnitt über Rodins Porträts, wo von „Gesichtsmaske
und kubischer Form" gesprochen wird. Hier
erschwert auch die hin und wieder etwas schwerfällige
Sprache das Verständnis dieses „Exkurses"

mitten im Text. Hermann Nasse

H. THOMA PUTTO MIT HELM (1889)

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