Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 43. Band.1921
Seite: 251
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wegung durch alles, was er gibt. Ein grundwahrhaftiger
, echt deutscher, erschütterter
Mensch spricht aus Schinnerers Werk zu uns.
Vertraut, bescheiden, gütig klingt sein Wort,
aber die Formen und Gestalten sind fast
schwer, wie die vom Ambos herkommen, vom
Feld und vom Pflug. Er hat nie Püppchen
uns gezeigt. Eine heilige Sache ist ihm die
Kunst, kein leichtes handel- und wandelbares
Ding, gut genug zum Zeitvertreib zwischen
sinnlosen materiellen Genüssen.

Auch an das Was der Darstellungen Schinnerers
muß erinnert werden.

Im Werke Schinnerers trat anfangs die Landschaft
an die erste Stelle. Und in seinen Landschaften
sind selten viele Menschen.

Ein Einsamer, einige wenige nur verstärken
gern die Stille, den großen Halt und Genuß der
Natur — der einzelne Mensch nur als Resonanz
des unendlichen Kosmos. Wie ganz anders
Liebermann mit seinen vielen Badegästen am
Strand, den Spielern und Reitern auf den Sportplätzen
, den Menschenmengen in engen Straßen.
Wie ein Symbol Schinnerers Kunst liebe ich
daher jene Radierung, die wohl so etwas wie
eine Geburtsanzeige. Ein nacktes Kind tritt

zögernd, unsicher und doch schier wie bewußt
der besseren Wahl aus lauter Straße in das
Tor eines Hauses. — Freilich hat Schinnerer
auch lebhafte Straßenszenen, hat auch Volksfeste
mit unzähligen Figürchen radiert — aber
seine ganze Wucht kommt da nicht so zur
Geltung. Das können andere auch. — Das
Nebeneinanderstehen und Leben einiger, von
denen jeder und jede ein ganzes, eigenes Leben
führt und bedeutet, das ist Schinnerers Welt.
Gesellschaften, wo an Stelle innerer Harmonie
nur Konventionen die Brücke vom einen zum
andern geschlagen, hat uns Schinnerer wohl
nie gezeichnet — und wenn, wie in der Reise
des jungen Tobias, tritt doch immer wieder,
höchst bezeichnend nur für des Künstlers hohe
seelische Auffassung vom schönen Menschentum
, das einzelne Paar auf, in dem allein alles
mächtig zusammenklingt in eigener Welt: Ruf
und Echo. Der einzelne oder das Paar und
die Welt als Widerspiel. — Der wunderbare
Zyklus vom ,,Geträumten Paar", das gemeinsam
in die Welt taucht, um bald wieder heimzufinden
zur großen Mutter Erde — wie bezeichnend
ist der für Schinnerers Art und Kunst,
die Tiefe und Schönheit seiner Auffassung von

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