http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_43_1921/0342
EMIL ORLIK
PALMEN IN DER WÜSTE. RADIERUNG
Verlag F. Brucktnann A. G., München
hauer gleich ausdrucksstark ist. Auch Wilhelm
Laage möchte sich dem neuen Ausdrucksgehalt
anschließen, vermag aber nur eine erweiterte
technische Form aufzubringen, und Ludwig
v. Hofmann, der in jahrelangem unruhigem
Suchen seine freudige Fabulierkunst hat einbüßen
müssen, beschwert mit dem derben männlichen
Zug seiner Flächen den geschmackvollen
Rhythmus seiner Tanzspiele. Daß aber auch
gerade dieser herbe Flächenstil des modernen
Holzschnittes einer dekorativen Heiterkeit willig
folgen kann, wenn wirkliche schmückende Lust
vorhanden ist, beweisen die Arbeiten Campendonks
und Sewalds, die mit wenigen Farbakzenten
dekorative Werte schaffen. Kahl und
programmatisch wirkt der dekorative Flächenrhythmus
von Schwarz und Weiß bei Tappert,
dessen Klügeleien damit ein billiges Mäntelchen
übergeworfen wird. Bis zu welcher Stumpfsinnigkeit
im Programm die neuen Formen
akademisch ausgeklügelt werden können, zeigen
die trockenen, aber sehr anspruchsvoll auftretenden
Arbeiten Dülbergs, in denen eine expressionistische
Musterakademie lehrhaft einen
Karton mit Strichbeispielen darbietet. Auch
Arthur Kampf wendet sich dem Holzschnitt
zu, leider nicht sehr schöpferisch, während
Corinth in seinen letzten Arbeiten, die leider
auf der Ausstellung fehlen, dem Holzschnitt
neue Formen versucht zu geben, wie auch
Käthe Kollwitz sich dieser Technik neuerdings
anvertraut und die sehr geeignet ist, ihrem
Lebens- und Formgefühl starken Ausdruck zu
verleihen.
Von den anderen graphischen Techniken
interessiert auf dieser Ausstellung die besondere
Teilnahme von Radierung und Lithographie
am illustrierten Buch. Die Radierung, die so
lange in vornehmer Reserviertheit draußen stand,
beginnt durch den großen Sport der Luxusausgaben
sich wieder dem Typensatz zu nähern.
Zwar bleibt ihr mit ihren Ansprüchen nur die
Form des Einschaltbildes vorbehalten. Bei den
Blättern Hans Meids bewundern wir wiederum
das außerordentliche Können und das gefällige
Formenspiel von Bäumen, Wassern, Tieren
und Menschen. Großmann wagt es, mit feinen,
aber frei gerissenen und groß empfundenen
Zügen, ohne die schwerfällige Einmischung der
Modellierung, seiner bewegten Phantasie Ausdruck
zu geben. Eine kluge Naivität spart am
Beiwerk und geht mit kindlich erfrischender
Lust, oft drastisch^ auf Mensch und Tier los.
Im Gegensatz hierzu steht die etwas spröde,
aber innerliche Kunst von Mesek. Eine leicht
grüblerische Natur, die Leben im rhythmischen
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