http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_43_1921/0346
taucht in den warmen Glanz einer wohligen
Schönheit. Sein Pastell, ein Blick über Florenz,
ist höchste Malkultur und Vision zugleich. Ein
leichter silberner Schleier von den Gestaden
Hollands, an denen seine Palette sich bildete,
umzieht wie ein Traum die südliche Landschaft.
Dagegen wütet und erobert im Sturmschritt
und Faustkampf Corinth sich nach müden
schweren Jahren am Walchensee ein neues Erlebnisfeld
. Seine Landschaftsaquarelle sind von
einer Stoßkraft des Erlebens, von einer dämonischen
Lust, sich noch einmal mit der Natur
zu ringen, die diesem Naturell eine neue Jugend
zu geben scheinen. Wie wirr und zerfahren
sehen dagegen die Experimente eines Ludwig
Dettmann aus, dessen Wille sich ehrgeizig
aus gewohnten Gleisen erheben möchte und
durch Segantini, durch Liebermann usw. zu
einer neuen Freiheit kommen möchte. Was
herauskommt, ist ein falsches Pathos, ein grelles
Ausschreien der Dinge. Ein peinlicher Eindruck
, einen sicheren Könner sich so gewaltsam
modernisieren zu sehen.
Eingegliedert ist dieser Schwarzweiß-Ausstellung
eine schöne Auswahl Plastik, besonders
guter Kleinplastik. Eine weibliche Figur
von Lederer zeigt aufs neue sein heißes Bemühen
, Sinnlichkeit der Form und Stil der Linie
zu verbinden. Von der Gedächtnisausstellung
Hildebrands geben nur einige Porträts restlos
Zeugnis seines großen Könnens. Daß wir heute
nicht mehr mit derselben Bewunderung einen
Kugelspieler begrüßen wie einst, liegt daran,
daß die programmatische Wertung, mit der
damals die Befreiung durch die
reine Form von den malerischen
Unarten des falsch pathetischen
Barocks eines Begas
und seiner Schulebegrüßtwurde,
mehr einem Reaktionsgefühl
entsprang als einer sicheren
qualitativen, rein künstlerischen
Einstellung. Besonders fallen
die schönen Kleinplastiken Ed-
zards auf. Ein feines Gefühl für
den Zusammenhang der Teile
in Linie und Fläche ohne jeden
Stilzwang geht wunderbar mit
seelischen Regungen zusammen.
Neben ihm können nur noch
die trefflichen Arbeiten v. Jaki-
mows genannt werden, der von
einem anfänglich etwas kunstgewerblichen
Formenzwang sich
zu einer freieren Sinnlichkeit
durcharbeitet und in seinem
Ausdrucksreichtum sehr vielgestaltig
ist. Seine Maske eines
Tartarenfürsten fasziniert durch
die dunkle Dämonie des Ausdrucks
wie durch die Freiheit
und Großheit der Form. Und
sein Mädchen mit der Katze
läßt den schmeichelnden Rhythmus
der Bewegung ohne jeden
Stilzwang aus dem Formenaufbau
wohlig sich entfalten.
W. Kurth
G. J. KERN
AKT. RADIERUNG
Stil erfüllt den ganzen Gegenstand
. Manier bleibt an der Oberfläche
haften. H. Füssli
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