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D. HOFELICH
ISARÜBERSCHWEMMUNG
wenn zwei, drei Jahre lang — länger, wenn
man will — mit diesen Ausstellungen pausiert
würde. Aber die Ausstellungen sind nun einmal
als wirtschaftliche Einrichtungen unentbehrlich.
Also: weitergewurstelt! wie man in München
sagt. Früher gab es wenigstens die internationalen
Ausstellungen in vierjährigem Umlauf.
Ich rede nicht der Fremdländerei das Wort, aber
ich bedaure es sehr, daß diese Überschauen über
das künstlerische Schaffen des Auslandes nicht
mehr möglich sind. Sie gaben einen Maßstab an
die Hand, und Anregung kam von ihnen. Heute,
da den Malern das Reisen aus mancherlei Gründen
schwerer gemacht ist als je, da die heranwachsende
Künstlergeneration sich nicht mehr
in Galerien, Sammlungen und Ausstellungen des
Auslandes umtun kann wie einst, wären Ausstellungen
fremdländischer Werke — wenn
schon einmal Ausstellungen sein müssen —
nützlicher als je. Es wäre nicht nötig, daß
man sich gerade französische Werke holte.
Dort drüben ist man genau so zerfahren und
„desorientiert" wie bei uns. Aber es wäre
schon etwas gewonnen, wenn man eine Kollektion
guter holländischer Arbeiten zeigte, wenn
man einen spanischen, einen schweizerischen
Saal zusammenbrächte, wenn wenigstens die
Wiener einmal geschlossen kämen, oder wenn es
gelänge, außer-münchnerische reichsdeutsche
Künstlervereinigungen kollektiv vorzuführen.
Ich denke daran, welchen Gewinn der Besuch
Schleichs, Teichleins und Spitzwegs in Paris
für die deutsche Kunst brachte, wie die Berührung
Liers mit den Meistern von Barbizon
auf die deutsche, im besonderen auf die Münchner
Landschaftsmalerei auswirkte, wie die Begegnung
Leibis mit Courbet und wie überhaupt
die Münchner internationale Ausstellung von
1869, gelegentlich welcher diese Begegnung
stattfand, den Beginn eines neuen Kapitels
in der Entwicklungsgeschichte der Münchner
Malerei bedeutet, ich erinnere mich der Anregung
, welche von einer Ausstellung der boys
of Glasgow auf die Münchner Malerei ausging
— denke, erinnere mich, überlege und komme
zu dem Schluß, daß die gegenseitige befruchtende
Anregung, die Internationalität, für die
Kunst unerläßlich ist. Dafür sind die Ausstellungen
da, wenn sie mehr als wirtschaftliche
Einrichtungen sein wollen. Und wenn wir
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