http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_43_1921/0366
PAUL WEHRLE-TRIBERG
MOORGRUND
trächtlich erweitert hat, um dann gesättigt,
aber nicht umgeformt von Kultureindrücken
aller Art doch wieder in seine Heimat, den
Schwarzwald, zurückzukehren. Noch jung an
Jahren übernahm er die verantwortungsvolle
Pflicht, das väterliche Erbe zu verwalten. Sein
wohldiszipliniertes Wesen unterzog sich in voller
Beherrschung seiner Natur und seiner Aufgabe
auch diesen Obliegenheiten unter Zurückdrängung
der Ausbildung und Entwicklung seiner
künstlerischen Anlagen und Sehnsüchte. Durch
diese Zurückgehalten«eit und Gebundenheit erklärt
sich am ehesten und zutreffendsten die
geradezu explosive Entfaltung, wie die Eigenartigkeit
seiner Kunst und die aus einem langen,
nachhaltigen Ringen mit den Bedingtheiten und
Unterlagen seiner Umwelt geborene Besonderheit
ihrer technischen und geistigen Auswirkung
. Für ihn, den einsamen Denker und Beschauer
der kulturellen und künstlerischen Strömungen
, war jeder Anschluß an irgend eine
der zeitlich hochgekommenen Kunstrichtungen
geradezu ausgeschlossen. Ihm klang der Lärm
der Atelierstreitigkeiten nur von fern her. Sie
waren ihm unwichtig, weil Wehrle unabhängig
von den Forderungen des Lebens und seiner
Nöte sich entfalten und auswirken konnte.
Es ist sehr auffallend und merkwürdig, wie
Wehrle, nachdem er sich von seinen Lebensobliegenheiten
frei gemacht und der Kunst zugewandt
hatte, mit unmittelbarem und untrüglichem
Instinkt gleich die seiner fein differenzierten
Natur entsprechende Technik und wie
er ebenso sicher und unbeirrt den ihm gemäßen
Ausdruck für sein von der Natur gesättigtes
Wesen fand. Ein paar, der Materialbehandlung
geltende Tastversuche mit wohlgelungenen
Bildniszeichnungen, und alsbald stand doch —
die Landschaft als das allernächst liegende Arbeitsfeld
vor seinem mit Hochspannung geladenen
Tätigkeitsdrang.
Die Stimmungslandschaft ist ein nach dem
Verinnerlichten und Vergeistigten hin verfeinertes
und verdichtendes Zweiggebiet der Naturdarstellung
: verfeinert, weil impressionistische
Elemente der Natur, wie atmosphärische Erscheinungen
, Lüfte, Lichtwirkungen, Terrainbildung
, Bodenplastik, Rhythmus und Dynamik
der Massen usw. auf die Möglichkeit ihrer Vergeistigung
hin gesehen, angeordnet und ausgedrückt
werden müssen; verdichtend, weil die
in der Naturerscheinung ohnehin enthaltene
Geistigkeit der Erscheinungsformen und ihrer
Gruppierung gewissermaßen unterstrichen und
mit Betonung aus der Natur herausgehoben
werden. Die Eindrücke (Impressionen) der
Naturerscheinungen werden, nachdem sie durch
des Künstlers Seele hindurchgegangen sind, ihres
Nur-Naturseins entkleidet und in die Kunstform
geprägt. Sie werden für den Künstler
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