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auch in der Baugesinnung. Während in den
Reichen Zimmern der Begriff der Repräsentation
noch immer maßgebend bleibt, wird hier
selbst Luxus und fürstlicher Prunk auf ein
bescheidenes Maß zurückgeschraubt. So gut hat
auch der Adel, sogar der reiche Bürger gewohnt.
Das bürgerliche Zeitalter naht heran.
Die Gliederung ist den intimeren Proportionen
der Räume angepaßt und vielleicht gerade deswegen
von großem Reiz. In diesen kleinen Räumen
kommt das Mobiliar zu ungleich größerer
Wirkung. Wiederum haben die tüchtigsten, einheimischen
Kräfte mitgearbeitet. Ihre Namen
sind noch nicht alle bekannt. Ein vorzüglicher
Münchener Schnitzer, wahrscheinlich wieder der
Bildhauer Dietrich von der Au, der auch hier
bei der Ausstattung beteiligt war, hat die Kommoden
, die Wandarme, die ornamentalen Umrahmungen
der Spiegel und Panneaux im zweiten
Schlafzimmer (Abb. S. n) gefertigt. Seine Hand
ist auch an den Spiegelumrahmungen der anderen
Zimmer zu erkennen, stilistisch nachweisbar
am vollplastischen Muschelwerk, das mit Blumen
- und Pflanzenmotiven durchflochten ist. Die
hier abgebildete Kommode ist ein Meisterwerk
feinen, vornehmen Geschmacks, trotz
der Einfachheit des Materials, in der klaren
Abgewogenheit der Proportionen und der edlen
Fülle des Ornaments eine Musterleistung.
Das bürgerliche Mobiliar der Zeit zeigen die
Speisezimmer. Stühle von guter Form aus einer
einheimischen Werkstätte sind auch imBibliothek-
2immer. Besondere Erwähnung verdient der in
der Gesamtform etwas schwere Schreibtisch von
David Röntgen aus Neuwied (1773), der durch
zarte Intarsia ausgezeichnet ist, die wie feine Sepiamalerei
wirkt. Die besten Möbel sind auch in den
Kurfürstenzimmern französischer Provenienz.
Die Kommoden mit dem prachtvollen Bronze-
beschläg im Vorzimmer (Abb. s. unten) stammen
aus der gleichen Werkstätte wie die Kommoden
im Salon der Reichen Zimmer, sie dürfen
wahrscheinlich auch mit Charles Cressent in
Verbindung gebracht werden. Eine schöne Lackkommode
, deren Bronzebeschläg die freie, etwas
verwilderte Rocaille zeigt, die durch die Stiche
des Architekten Meissonier populär geworden
ist, steht vor dem Spiegel des ersten Schlafzimmers
(S. 1 o). Ein bestimmter Meistername ist nicht
zu nennen. Man denkt an die berühmten Slodtz,
aber stilistische Einzelheiten sprechen dagegen.
Die Erforschung des Mobiliars steht noch in
den Anfängen. Im 18. Jahrhundert wurden auch
die Möbel als vollwertige Kunstwerke betrachtet
und vom Meister signiert, wenn nicht, was hier
der Fall zu sein scheint, ein bestimmter Auftrag
vorlag. Im gleichen Zimmer steht auch
eine gute Garnitur im Louis-XVI-Stil aus der
Werkstätte der bekannten Pariser Ebenisten
Jacob. Auch das mit großer Exaktheit geschnitzte
Bett, das für Karl August von Zweibrücken
um 1790 angefertigt wurde, ist Pariser
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