Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 44. Band.1921
Seite: 25
(PDF, 56 MB)
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Varia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_44_1921/0043
MAURITIUS PFEIFFER-MÜNCHEN

TAUBENMÄDCHEN

einer ganz anderen Richtung hin zu bewähren
Gelegenheit fand, bereits von neuem die Figural-
entwürfe für den Schmuck der Reichenbach-r
brücke, die von der Jury mit einem I. Preis
ausgezeichnet wurden. Andererseits erleichterte
ihm die Einfühlung in den Geist des Porzellans
seine frühere (auch gegenwärtig nicht aufgegebene
) Betätigung als Holzschnitzer: von da
war ihm das kleinere Format und die flächigere
Arbeitsweise geläufig. Immerhin ist's von der
Kantigkeit und Maserung des Holzes zu den
Rundungen des glatten, glanzlichterüberspielten
Porzellans noch ein recht weiter Weg. Die Art,
wie Pfeiffer seine erprobte Begabung für monumentale
Aufgaben bei voller Einfühlung in den
Geist der Kleinplastik auch seinen Porzellan-
Arbeiten nutzbar zu machen imstande ist,
spricht denn ebenso für Ernst und Reife dieser
vielseitigen bildhauerischen Begabung wie die
wachsende Sicherheit, mit der er, unbeschadet
seines leidenschaftlichen Abtastens aller künstlerisch
gangbaren Wege,seine Stellung im Rahmen
der internen stilistischen Fragen fixiert, vor die
sich heute der ernsthaft arbeitende und spontan
produzierende Porzellanplastiker gestellt sieht.

In einem interessanten Artikel unterscheidet
Ernst Zimmermann zwei Hauptmanieren der
Porzellanbildnerei: die chinesische (weichere
Manier im großen) und die deutsche (plastisch
schärfere); dabei scheint er den Altmeißner

Stil als Typus der deutschen Porzellanplastik
anzusehen. An dieser These halte ich die Aufstellung
eines Gegensatzes zwischen dem Meißner
und dem chinesischen Stil für zweifellos berechtigt
; es ist in der Tat höchst merkwürdig und ein
Zeichen für die kulturelle Werbekraft des Dix-
huitieme, wie schnell sich dievonder„Chinoiserie"
ausgegangene neue Kunstweise von ihrer orientalischen
Grundlage entfernte. Aber für spezifisch
deutsch möchte ich dieses höfliche, galante,
klare und maßvolle Meißner Rokoko um so
weniger erklären, als das allenfalls von Italien
und seiner mehr barock gebliebenen Settecento-
Kultur beeinflußte Alt-Nymphenburg im Grunde
dem deutschen Wesen viel näher kommt und
auch viel eher jener Manier zugrundeliegt, die
die historisch gerichteten unter unseren deutschen
Porzellanplastikern von heute pflegen.
Man wird vielleicht sogar behaupten dürfen,
daß die heutigen deutschen Porzellanplastiker,
mögen sie immerhin formal zuweilen der Meißner
Kaendlerzeit nahestehen, aber, indem sie die
deutsche Sonderart schärfer herausarbeiten, gefühlsmäßig
der ostasiatischen Kunst weit kongenialer
sind als die einstigen unmittelbaren
Adepten Chinas. Das Allzu-Zierliche, Allzu-
Zivilisierte, Allzu-Espritvolle wird bei ihnen ersetzt
durch krafterfülltere, geheimnisreichere
Gefühlsnuance; an Stelle des leichten Witzes
tritt gemütvoller Humor; finden wir noch die

Dekorative Kunst. XXIV. 1/2. Okt./Nov. 19:0

25

4


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_44_1921/0043