Augustinermuseum Freiburg i. Br., [ohne Signatur]
Die Kunst: Monatshefte für freie und angewandte Kunst
München, 44. Band.1921
Seite: 48
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/die_kunst_44_1921/0068
DAS KUNSTGEWERBE AUF DER LEIPZIGER HERBSTMESSE

Die Teilnahme der Kunsthandwerker und Kunst-
industriellenander Leipziger Mustermesse hatte
nach den unerwartet großen Geschäften, die auf der
Frühjahrsmesse erzielt worden waren, erheblich
zugenommen. Auf Schritt und Tritt begegnete man
in den Meßpalästen kunstgewerblichen Arbeiten
jeder Art. Nicht wenige Fabrikanten hatten ihren
Waren das Allerweltsschlagwort Qualität beigefügt,
wiewohl das, was sie brachten, oft nichts als billige
Ersatzwaren darstellte. Wer noch daran glaubte,
daß Worte einen Sinn haben und hinter der offiziellen
Titulatur „Kunstgewerbe" einen Sammelbegriff
suchte für Gebilde, an denen die Kunst
wesentlichen Anteil hat, mußte in den ehrwürdigen
Hallen der Universität eine bittere Enttäuschung
erfahren. Denn kein warnendes lasciate ogni spe-
ranza hielt den Gutgläubigen zurück, die Stufen des
stolzen Hauses zu beschreiten: zwangsläufig mußte
er alle Schauer des Mitleids und des Schreckens
erdulden, ehe er dem kunstgewerblichen Labyrinth,
das in der Universität aufgesammelt war, entrinnen
konnte. Schade um die wenigen Tüchtigen, deren
gute Waren einen besseren Stand verdient hätten
und die in dem Wust der übrigen untergingen!

Gewiß, die Leipziger Messen sind ein kommerzielles
Unternehmen von größter, wirtschaftlicher
Bedeutung. Das Angebot ist frei und wo es um's
Geschäftemachen geht, wird nicht viel darnach gefragt
, ob das Geschäft in hochwertiger Qualitätsware
oder in elendem Kitsch und Schund gemacht
wird. Was umgesetzt wird scheint gleichgültig, die
Hauptsache ist, daß viel umgesetzt wird. So ist es
auf den Messen immer gewesen, und allen feierlich

beschworenen Qualitätshebungen zum Trotz, erhebt
mit der Hochflut des kunstgewerblichen
Aufgebots der Kitsch und die Stapelware erst
recht wieder den Kopf. Fast scheint es, als ob die
weisen Lehren von der Notwendigkeit qualitativer
Veredelung, von dem Stolz auf gute Leistung
und von der Durchdringung der Industrie und des
Gewerbes mit jener Gesinnung, für die der Deutsche
Werkbund wirkt, in den Wind geredet worden
wären, — so überwältigend ist wieder der Andrang
einer kunstgewerblichen Produktion geworden
, die nun und nimmer den Wiederaufbau
unserer Wirtschaft fördern kann. Vielleicht wird
der geschäftliche Mißerfolg, unter dem die Herbstmesse
allgemein leiden mußte, vieles von dem, was
sich als Kunstgewerbe an die Messe herangedrängt
hatte, wieder abstoßen, aber die Gefahr, daß die
gute kunstgewerbliche Ware, die wir brauchen und
mit allen Kräften über die ungeheuren Schwierigkeiten
unseres wirtschaftlichen Lebens hinüberretten
müssen, wieder untergehen könnte in der
Flut des Minderwertigen, in der Masse kitschiger
Nachahmungen und Verballhornungen, ist so groß,
daß Hilfe dringend nottut.

Aber wer soll sie bringen diese Hilfe ? Das Messeamt
ist eindringlich genug gewarnt worden und es
hat erkannt, daß es unter den Geistern, die es rief
und nicht mehr los werden kann, versuchen muß,
einige Ordnung zu bringen. Es beabsichtigt allmählich
eine Aufteilung der Meßwaren nach bestimmten
Warengattungen, nach „Branchen" durchzuführen
. Bei dem, was sich in der Universität
Kunstgewerbe nennt, darf diese Herkulesarbeit

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