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ARCH. F. E. SCHOLER
HAUS WINZ, FRIEDRICHSHAFEN: LAGEPLAN UND GRUND-
RISZ DES ERDGESCHOSZES (OBERGESCHOSZ S. UNTEN) b
völkerung bilden sollten, der Großstadt anzugliedern
, eine Tendenz, die von der Übermüdung
und dem Widerwillen an der Großstadt geboren,
gewiß viel Gutes und Natürliches an sich hatte.
Nur daß dabei gern übersehen wurde, daß vorderhand
, solange die Nutzbarmachung der Wasserkraft
noch nicht in weitestem Maße erfolgt ist,
große Industriebetriebe meist in der Nähe der
Großstadt sich ansiedeln müssen. Selten nur bringen
die Verhältnisse eine Ausnahme von dieser
Regel mit sich; eine solche gestaltete sich am
Bodensee, in Friedrichshafen, als während des
Krieges der Ausbau der Zeppelinwerke in größerem
Maßstabe sich als notwendig erwies. Hier
trafen alle Bedingungen für den idealen Gedanken
der Gartenstadt zusammen. Keine Großstadt in
der Nähe, daher noch
billiges Bauterrain, landschaftliche
Schönheit.
Aus dem Zeppelindorf
bei Friedrichshafen, der
groß angelegten Gründung
„Zeppelin-Wohlfahrt
", sind noch zwei
Typen, ein Doppelwohnhaus
und Reihenhäuser,
abgebildet, die gleichfalls
Architekt F. Scholer entworfen
hat. Die zwei Fehler, in die der moderne
Architekt bei der Erstellung von Arbeiterhäusern
so häufig verfällt, entweder solche Wohnungen
mit einer falschen — weil hier unangebrachten —
Romantik zu umkleiden oder auf den Typ des
Bauernhauses der betreffenden Gegend, das doch
aus ganz anderen Bedürfnissen herausgewachsen
ist, zurückzugreifen, sind hier glücklich vermieden
. Mit den einfachsten Mitteln, dem Herabziehen
des Daches, Fensterausbauten, namentlich
aber durch den reizvollen Rhythmus der Wiederholung
bestimmter Einzelheiten, ist hier eine intime
und anheimelnde Stimmung erzielt. So sind
diese Arbeiterhäuser das Produkt einer höchst
charaktervollen Baugesinnung. Zugleich ist aber
auch für das soziale Empfinden in weitestem Ausmaße
Rechnung getragen
. Beide Häuser besitzen
Gärten von 800 bis
1000 qm Größe, deren Bestand
mit alten Obstbäumen
einen nennenswerten
Zuschuß zur Miete
brachte. Die Herstellung
einer derartigen Typenwohnung
kostete im
Jahre igi5 die Summe
von 4500 Mark. W. B.
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